Eine Zukunft ohne Ver­lie­rer


Ein Mann sitzt auf einem Stuhl vor einer Wand und schaut mit gesenktem Kopf in eine Fotokamera. Neben ihm steht eine Maler-Staffelei mit einem Bild dass wohl von ihm gemalt und ihn deprimiert und abgekämpft zeigt. Um ihn herum sieht es allgemein ziemlich chaotisch aus.

Dein Unglück ist mein Glück

In der bis­he­ri­gen Mensch­heits­ge­schich­te hat die Welt nie anders funk­tio­niert. Die Mensch­heit ent­wi­ckel­te sich über Jahr­tau­sen­de hin­weg kon­ti­nu­ier­lich wei­ter, weil uns der Kon­kur­renz­druck zu immer höhe­ren Leis­tun­gen antrieb. Unser Bestre­ben, per­sön­li­ches Leid und Unglück zu ver­mei­den, pro­du­ziert als Neben­ef­fekt Leid und Unglück bei ande­ren. Trotz­dem ist die­ses Ver­hal­ten bis heu­te eine der Trieb­fe­dern unse­rer Wei­ter­ent­wick­lung.

Auf Dau­er wird die­ses Gewin­ner-Ver­lie­rer-Prin­zip als Motor zur Wei­ter­ent­wick­lung nicht funk­tio­nie­ren. In der Zukunft wird der Kon­kur­renz­druck nicht mehr geeig­net sein, um Wei­ter­ent­wick­lung zu garan­tie­ren. In der Welt der Zukunft wer­den wir mehr und mehr gegen­sei­tig auf­ein­an­der Rück­sicht neh­men müs­sen, wenn wir uns als Mensch­heit wei­ter­hin wei­ter­ent­wi­ckeln wol­len, denn die Welt der Zukunft kann nicht nach den Prin­zi­pi­en der Ver­gan­gen­heit funk­tio­nie­ren. Das bedeu­tet: Wir müs­sen ler­nen, die Inter­es­sen unse­rer Mit­men­schen genau­so zu schät­zen, wie unse­re eige­nen.

Wei­ter­ent­wick­lung als Vor­aus­set­zung für eine bes­se­re Welt

Das, was für einen Jugend­li­chen wich­tig und rich­tig ist, ist für einen Erwach­se­nen nicht mehr taug­lich und sinn­voll – das wis­sen wir alle. Und bei der Mensch­heit kann es nicht anders sein. Die­se befin­det sich gera­de in einer Über­gangs­pha­se: Sie been­det ihre Jugend und wird all­mäh­lich erwach­sen. (Sie­he die Tabel­le: Die Ent­wick­lung der Mensch­heit) Das ist ein schwie­ri­ger Pro­zess, der schmerz­lich ist und wahr­schein­lich noch Jahr­hun­dert andau­ern wird.

Will die Mensch­heit erwach­sen wer­den, muss sie unbe­dingt das unrei­fe Ver­hal­ten ihrer Jugend­zeit able­gen. „Jeder für sich selbst“, „Die eige­nen Leu­te, die eige­ne Nati­on zuerst“, „Meine/unsere Inter­es­sen sind wich­ti­ger als die der ande­ren“ und ähn­li­che Prä­mis­sen mehr, sind nicht die Prin­zi­pi­en, die unser Ver­hal­ten in der Zukunft bestim­men kön­nen. Denn seit dem Ende des Zwei­ten Welt­krie­ges wis­sen wir, dass sie in den Unter­gang füh­ren kön­nen.

Besä­ße jede Nati­on die Atom­bom­be, hät­te die Mensch­heit sich nach dem Grund­satz „Wir zuerst, dann die ande­ren“ viel­leicht längst aus­ge­löscht. Das wis­sen wir, und dar­um gab es seit Hiro­shi­ma und Naga­sa­ki kei­ne wei­te­ren Ein­sät­ze der Atom­bom­be mehr. Doch die­se Zurück­hal­tung ist nur das Ergeb­nis eines Schocks und ein sol­cher lässt irgend­wann nach: Die Erin­ne­rung an ein trau­ma­ti­sches Erleb­nis ver­blasst mit der Zeit.

Per­spek­ti­ven­wech­sel

Aus die­sem Grund müs­sen wir unse­re Grund­ein­stel­lung ändern. Soll­ten wir in der Zukunft wei­ter­hin nach der Regel „Wir sind wich­ti­ger als die ande­ren“ leben, wird es frü­her oder spä­ter wahr­schein­lich zu einer glo­ba­len Kata­stro­phe kom­men. Gelingt es uns nicht, die­se Denk­wei­se abzu­le­gen, wer­den Armut, Elend, Aus­beu­tung und Unge­rech­tig­keit mehr und mehr zuneh­men.

Wir müs­sen erken­nen, dass ein Vor­teil, der für ande­re ein Nach­teil bedeu­tet, kein Vor­teil, son­dern nur eine augen­blick­li­che, vor­über­ge­hen­de Bes­ser­stel­lung ist.

In der Ver­gan­gen­heit hat die­se Ein­stel­lung funk­tio­niert, aller­dings nie dau­er­haft. Denn wol­len wir unse­ren Vor­teil behal­ten (was der Fall ist, denn sonst hät­ten wir ihn uns nicht erkämpft) müs­sen wir ihn ver­tei­di­gen, und das wird uns nicht immer gelin­gen. Alles, was unter­drückt oder benach­tei­ligt wird, strebt einen Aus­gleich oder eine Umkeh­rung der Situa­ti­on an. Und frü­her oder spä­ter wird das den Benach­tei­lig­ten gelin­gen, das zeigt die Geschich­te in eigent­lich allen Fäl­len.

Kein König­reich, Impe­ri­um und kei­ne Vor­herr­schaft, die auf Unter­drü­ckung, Aus­beu­tung oder Nöti­gung ande­rer Völ­ker oder Volks­tei­le auf­bau­te, kann sich auf Dau­er hal­ten.

Des­halb ist es bes­ser, für die Zukunft eine fried­li­che und gleich­be­rech­tig­te Koexis­tenz der Völ­ker und der Indi­vi­du­en anzu­stre­ben. Dafür müs­sen wir nur eins ver­ste­hen: Die ande­ren sind wir! Es muss uns gelin­gen, die Per­spek­ti­ve zu wech­seln! Wir müs­sen das Leid der ande­ren als unser Leid ver­ste­hen. Nur dann wer­den wir als Mensch­heit eine Zukunft haben.


DAS LEID DES LEBENS


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