Das Vit­amin-B12-Pro­blem


Milch und Eier

Eier, Milch und Käse auf einem bäuerlichen Tisch.

Milch, Milch­pro­duk­te sowie Eier ent­hal­ten aus­rei­chend Vit­amin B12. Die indus­tri­el­le Milch- und Eier­pro­duk­ti­on ist zwar nicht weni­ger schreck­lich als die indus­tri­el­le Fleisch­pro­duk­ti­on, es gibt jedoch einen ent­schei­den­den Unter­schied zwi­schen die­sen bei­den Zwei­gen: Wir müs­sen die Kühe und Hüh­ner nicht töten, um an ihre Milch und Eier zu kom­men. Wenn wir sie mel­ken und ihnen ihre Eier weg­neh­men, ster­ben sie nicht.

Zwar ist die Art und Wei­se, wie wir heut­zu­ta­ge unse­re Kühe und Hüh­ner hal­ten, in den aller­meis­ten Fäl­len einem Mar­ty­ri­um oder einer lebens­lan­gen Fol­ter ähn­lich – doch das müss­te nicht sein. Wir hät­ten die Mög­lich­keit, sie freund­lich zu behan­deln, in der Art einer Sym­bio­se.

Wir bekä­men Eier und Milch von ihnen, sie als Gegen­leis­tung eine gute Unter­kunft (das heißt, Schutz vor den Gefah­ren, die das Leben in der Wild­nis mit sich bringt), freund­li­che Behand­lung und das Fut­ter, das sie am liebs­ten haben.

Das wür­de natür­lich sehr viel mehr kos­ten als die indus­tri­el­le Mas­sen­tier­hal­tung, doch wür­den wir unse­re Milch- und Eier­lie­fe­ran­ten respek­tie­ren, wäre es uns das auch wert. (Doch das ist nicht der Fall: Sobald unse­re Kühe und Hüh­ner nicht mehr die ver­lang­te Höchst­leis­tung brin­gen, schlach­ten wir sie.)

Part­ner­schaft und Sym­bio­se

Die Tie­re hät­ten sicher­lich nichts gegen eine sol­che Über­ein­kunft, denn sie sind kei­ne Idea­lis­ten, son­dern Prag­ma­ti­ker. Es geht ihnen in ers­ter Linie ums Über­le­ben, genug Nah­rung zu haben und um die Fort­pflan­zung – und das alles mög­lichst stress­frei. Sie inter­es­sie­ren sich nicht für eine »art­ge­rech­te« Lebens­wei­se. Die­se ist sowie­so kaum mehr als ein ober­fläch­li­cher Kom­pro­miss, der unse­re Gewis­sen beru­hi­gen soll.

Ist das Leben unse­rer Nutz­tie­re in einer Sym­bio­se-Part­ner­schaft mit Men­schen siche­rer und beque­mer als frei in der Wild­nis, wäh­len sie die Sym­bio­se. Es wäre also mög­lich, auf Fleisch als Vit­amin-B12-Lie­fe­rant zu ver­zich­ten, ohne den Kühen und Hüh­nern etwas anzu­tun. Doch das wür­de Geld kos­ten, das uns für eine sol­che Maß­nah­me zu scha­de ist. Schließ­lich legen Hüh­ner auch dann Eier und Kühe geben auch dann Milch, wenn man sie schlecht behan­delt: Sie haben ein­fach kei­ne Wahl.

Bio­hal­tung

Zwar gibt es die soge­nann­te Bio­hal­tung für einen klei­nen Teil unse­rer Lege­hen­nen und Milch­kü­he. Bio­hal­tung meint jedoch meis­tens nur, die Hüh­ner sit­zen nicht in Käfi­gen und haben etwas Aus­lauf. Die Kühe kön­nen öfter mal auf eine Wei­de und sind auch nicht ange­ket­tet. Ihr Fut­ter wird nicht mit wachs­tums­för­dern­den Zusät­zen oder Anti­bio­ti­ka ange­rei­chert.

Letz­te­res ist für uns oft schon der wich­tigs­te Aspekt an der Bio­hal­tung. Wenn wir bevor­zugt Bio­pro­duk­te kon­su­mie­ren, dann oft nur, weil wir gesün­de­re Eier und gesün­de­re Milch haben wol­len. Wirk­li­che Bio­hö­fe, so wie es sie vor 100 Jah­ren noch gab, gibt es sel­ten. Nach wie vor ste­hen auch unse­re Bio-Kühe viel zu oft ihr hal­bes Leben lang in ihrem eige­nen Kot und Urin. Frei­wil­lig wür­de kein Tier sich das antun.

Abwand­lung ist nicht unna­tür­lich

Milch ist eigent­lich nichts ande­res als Säug­lings­nah­rung. Aller­dings kann die­se Nähr­flüs­sig­keit auch anders ver­wen­det wer­den. Glei­ches gilt für die Eier der Hüh­ner. Man kann sie auch essen, was in der Natur oft vor­kommt. Zweck­ent­frem­dung ist nicht unna­tür­lich und kommt auch in der von Men­schen unbe­rühr­ten Natur oft vor.

Biber fäl­len bei­spiels­wei­se Bäu­me und bau­en dar­aus Stau­däm­me. Amei­sen hal­ten sich Blatt­läu­se, um sich von deren Aus­schei­dun­gen zu ernäh­ren. Die Pflan­zen­saft­sauger haben dem bestimmt nicht zuge­stimmt. Doch wäre das nicht auch für sie von Vor­teil, hät­te sich die­se sym­bio­se­ähn­li­che Part­ner­schaft nie­mals eta­blie­ren kön­nen. Vie­le Tie­re leben auf Bäu­men, bau­en dort ihre Nes­ter und ent­frem­den Pflan­zen­tei­le für ihre Zwe­cke.

Vor 10 Tau­send Jah­ren haben Men­schen begon­nen, Grä­ser durch Selek­ti­on zu Getrei­de­kör­nern her­an­zu­züch­ten. Die Natur hat­te die­se Pflan­zen bestimmt nicht dafür vor­ge­se­hen. Unse­re Getrei­de­sor­ten sind im Prin­zip unna­tür­lich. Ent­frem­dung und Abwand­lung sind also nichts unge­wöhn­li­ches – eigent­lich sogar etwas nor­ma­les.

Aus die­sem Grund gäbe es auch kei­ne ethi­schen Beden­ken, uns Tie­re zu hal­ten, um uns von ihnen mit Nah­rung und ande­ren Roh­stof­fen belie­fern zu las­sen, solan­ge wir sie freund­lich behan­deln.

Kei­ne Lösung auf Dau­er

Natür­lich wäre das kei­ne Lösung auf Dau­ern, son­dern nur ein Kom­pro­miss auf Zeit. Die Mensch­heit ist zum gegen­wär­ti­gen Zeit­punkt ihrer Ent­wick­lung lei­der noch nicht zu der Ein­sicht fähig, dass es für intel­li­gen­te, ambi­tio­nier­te Lebe­we­sen (damit mei­ne ich uns) nicht ange­mes­sen ist, ande­re Lebe­we­sen zu essen, wenn es nicht wirk­lich nötig ist.

Sicher­lich lie­ße sich das Vit­amin B12-Pro­blem auch anders lösen, bei­spiels­wei­se indem alle oder ein Teil unse­rer Lebens­mit­tel mit Vit­amin B12 ange­rei­chert wer­den, das künst­lich her­ge­stellt wird. Ver­fah­ren dafür gibt es bereits. Um dem theo­re­ti­schen Jod­man­gel der Bevöl­ke­rung ent­ge­gen­zu­wir­ken, wird unser Spei­se­salz in Deutsch­land schon seit Jahr­zehn­ten mit Jod ange­rei­chert. Das gin­ge bestimmt auch mit ande­ren, wich­ti­gen Spu­ren­ele­men­ten.


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