Unse­re ethi­sche Wei­ter­ent­wick­lung


In der Mitte eines Marktplatzes steht eine Gruppe Staturen aus Stein in unterschiedlichen Posen und Ausdrücken.

Die Ent­wick­lung ist unauf­halt­sam

Die Ent­wick­lung der Mensch­heit ist ein selbst­stän­dig ablau­fen­der Pro­zess. Die­ser kann beschleu­nigt oder ver­lang­samt, doch nicht ver­hin­dert wer­den.

Unse­re Ent­wick­lung ist ein Selbst­läu­fer, denn alles, was es im Uni­ver­sum gibt, ent­wi­ckelt sich wei­ter. Wei­ter­ent­wick­lung ist eine Eigen­schaft, die allem Exis­tie­ren­den anhaf­tet. Damit etwas wei­ter­hin exis­tie­ren kann, muss es beweg­lich also ver­än­der­lich sein. Jede Bewe­gung ist eine Form der Wei­ter­ent­wick­lung. Andern­falls sta­gniert oder stirbt es.

Dabei ist es uner­heb­lich, dass der Exis­tenz­cha­rak­ter von Ethik eine ideel­le, geis­ti­ge Natur besitzt und kei­ne mate­ri­el­le oder ener­ge­ti­sche. Denn Ethik, Mate­rie, Ener­gie, Raum, Gedan­ken und sogar Bewusst­sein haben alle etwas gemein­sam: Sie exis­tie­ren Sei­te an Sei­te in die­sem Uni­ver­sum, und das bedeu­tet: Irgend­wo haben sie einen glei­chen kleins­ten Nen­ner, das sie aus dem glei­chen Vor­gang ent­stan­den sind. (Was natür­lich nur eine Theo­rie ist, die jedoch nicht abwe­gig ist.)

Und die­ses Uni­ver­sum ist ein Ort der Bewe­gung, des Flus­ses und der Ver­än­de­rung. Das Uni­ver­sum ist nicht sta­tisch, es lebt. Alles, was es in ihm gibt, ist in einem Ent­wick­lungs­pro­zess ein­ge­bun­den. Und jede Ver­än­de­rung kann nur eine Ent­wick­lung nach vor­ne sein, eine Aus­dif­fe­ren­zie­rung, obwohl es hin und wie­der scheint, als ent­wick­le sich etwas zurück.

Rück­schritt­li­che Ent­wick­lung ist unmög­lich

Es mag ja stim­men, dass Trump, Erdo­gan, Putin und ande­re Auto­kra­ten die Demo­kra­tie benut­zen, um an die Macht zu kom­men, und nun damit beschäf­tigt sind, die Demo­kra­tie nach und nach abzu­bau­en. Doch selbst, wenn ihnen das gelin­gen soll­te, wird die­ser Rück­schritt nicht dau­er­haft sein, denn die Mensch­heit hat schon zu viel vom „Blut der Demo­kra­tie“ gekos­tet, als dass sie die­se für immer auf­ge­ben wür­den.

Und nichts ent­wi­ckelt sich, weil es sich ent­wi­ckeln will. Die Ent­wick­lung von etwas (Bewusst­sein, Ethik, Wis­sen etc.) fin­det nicht auf­grund einer Absicht statt. Es gibt sie, weil es das Uni­ver­sum gibt, ein Etwas, das sich von Anbe­ginn sei­ner Exis­tenz in einem Ent­wick­lungs­pro­zess befin­det. Alles, was die­ses Uni­ver­sum beinhal­tet, ist in die­sem Pro­zess ein­ge­schlos­sen – auch unse­re Ethik, unse­re Emp­fin­dun­gen und unser Den­ken.

Ver­wei­gert sich ein Mensch der ethi­schen Wei­ter­ent­wick­lung (sträubt er sich, freund­li­cher und fried­li­cher zu wer­den), kann ihm das zwar gelin­gen, doch ver­hin­dert er damit die ethi­sche Wei­ter­ent­wick­lung als sol­che nicht. Indi­rekt könn­te sei­ne Wei­ge­rung die­se Ent­wick­lung sogar för­dern und beschleu­ni­gen, indem sein nega­ti­ves Bei­spiel auf ande­re ani­mie­rend wirkt, es bes­ser zu machen.

Koper­ni­kus und Bru­no waren unauf­halt­sam

Als Ana­lo­gie zur ethi­schen Wei­ter­ent­wick­lung kann viel­leicht der Fort­schritt in den Natur­wis­sen­schaf­ten gel­ten: Im Mit­tel­al­ter wur­den Men­schen (bei­spiels­wei­se Niko­laus Koper­ni­kus und Giord­a­no Bru­no), die das damals vor­herr­schen­de Welt­bild (Son­ne dreht sich um die Erde und Ähn­li­ches mehr) infra­ge stell­ten, geäch­tet oder umge­bracht. Trotz­dem hat das die natur­wis­sen­schaft­li­che Ent­wick­lung nicht auf­ge­hal­ten, mög­li­cher­wei­se wur­de sie dadurch sogar beschleu­nigt. Und bei der ethi­schen Ent­wick­lung ist es nicht anders.

Obwohl es Men­schen gibt, die sagen oder sogar glau­ben, die Mensch­heit als Gan­zes wird sich ethisch nie­mals wei­ter­ent­wi­ckeln, fin­det die­ser Pro­zess trotz­dem statt, auch wenn er vie­le Jahr­hun­der­te oder Jahr­tau­sen­de andau­ert und kaum wahr­nehm­bar ist. Denn, wie oben bereits gesagt: Alles ent­wi­ckelt sich wei­ter – ob es will oder nicht!

Je mehr Men­schen es gut geht, des­to bes­ser geht es dem Ein­zel­nen

Ange­nom­men, es geht abso­lut allen Men­schen gut. Dann ist die Wahr­schein­lich­keit, dass es mir auch gut geht, sehr hoch (eigent­lich 100 Pro­zent), denn war­um soll­te ich der ein­zi­ge Mensch sein, dem es nicht gut geht, war­um soll­te ich eine Aus­nah­me sein? Für die­se Annah­me gibt es kei­nen Grund.

Oder: Ange­nom­men, es geht abso­lut allen Men­schen schlecht. Dann ist die Wahr­schein­lich­keit, dass es mir auch schlecht geht, eben­falls sehr hoch (eigent­lich wie­der 100 Pro­zent), denn war­um soll­te ich der ein­zi­ge Mensch sein, dem es nicht schlecht geht? Auch für die­se Annah­me gibt es kei­nen Grund.

Davon lässt sich ablei­ten: Die Lebens­qua­li­tät aller Men­schen ist ein direk­ter Indi­ka­tor für die Lebens­qua­li­tät des Ein­zel­nen. För­dern wir die Lebens­qua­li­tät frem­der Men­schen, för­dern wir indi­rekt unse­re eige­ne. Wer will, dass es ihm gut geht, soll­te dar­auf ach­ten, dass es ande­ren gut geht.

Das Mot­to der Mensch­freund­lich­keit

Je mehr Men­schen sich die­sem Mot­to anschlie­ßen, des­to mehr Men­schen geht es gut. Je mehr Men­schen das Wohl ande­rer, frem­der Men­schen wich­tig ist (egal ob in der Nach­bar­schaft, oder auf einem fer­nen Kon­ti­nent), des­to bes­ser geht es letzt­end­lich allen Men­schen in der Welt. Es ist eine ein­fa­che Logik.

Doch lei­der sagen bis heu­te immer noch viel zu vie­le Men­schen: „Ich habe nichts dage­gen, wenn es ande­ren gut geht, vor­aus­ge­setzt, mir geht es gut.“ Und da das fast alle sagen und es uns eigent­lich nie rich­tig gut geht (denn es gibt meis­tens etwas, von dem wir glau­ben, es noch errei­chen zu müs­sen, bis wir zufrie­den sind), ändert sich nichts – außer wir ändern uns.


3 Gedanken zu „Unse­re ethi­sche Wei­ter­ent­wick­lung“

  1. Hal­lo mir gefällt es wie ihr dies geschrie­ben habt. Ich habe paar Fra­gen an euch. Ist es mög­lich das wir eine freundliche/Liebende und zusam­men­ar­bei­ten­de Welt erschaf­fen?
    Vie­le Leu­te leben unzu­frie­den und nur für sich hin ohne Rück­sicht auf ande­re. Ich bin erst 17 aber ich hab schon viel dar­über mir mei­nen Kopf zer­stört, wie kann man Men­schen dazu brin­gen zusam­men und mit lie­be leben dass man ohne Angst oder Miss­trau­en leben muss?
    Wir leben nur ein­mal aber trotz­dem nut­zen ande­re aus wol­len nur mehr für sich anstatt mehr für uns alle.
    Ich tue schon alles rede viel mit mei­nen Freun­den, Mit­men­schen und Fami­lie sage ihnen das man mit Rück­sicht, Wahr­heit und einer offe­nen Art so näh zu Men­schen kommt und sie sich dann auch bes­ser füh­len.
    Habe vie­le gefragt was sie sich wün­schen?
    Jeder wünscht sich Frie­den und lie­be in der Mensch­heit.
    Aber war­um ändern sich nicht die Men­schen?
    Ich kann es nicht ver­ste­hen und bin schreck­lich ent­täuscht von der Mensch­heit und selbst mei­ne Art geht damit run­ter weil man die Trau­er, Böss­heit und Ver­leum­dung ein­fach spürt.
    Wür­de mich sehr freu­en auf eine Ant­wort von euch.

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    • Hal­lo Tobi­as,
      mir geht es genau­so, auch ich kann nicht ver­ste­hen, war­um die Mensch­heit all­ge­mein betrach­tet so schlecht drauf ist. In einer fried­li­chen und freund­li­chen Welt lebt es sich doch viel bes­ser! Und wir hät­ten die Mög­lich­keit eine sol­che Welt zu gestal­ten. Es ist mir ein Rät­sel. Die Mensch­heit als Gan­zes gese­hen schein also ziem­lich dumm zu sein. Aber ich fin­de, es gibt kei­nen wirk­li­chen Grund von der Mensch­heit ent­täuscht zu sein, denn sie ist noch jung. Ich bin ziem­lich sicher, dass sie im Lau­fe der nächs­ten Jahr­tau­sen­de ihren Cha­rak­ter ändert.

      Zu dei­ner Fra­ge: Ich habe natür­lich kei­ne Ahnung, aber mei­nem Gefühl nach wird die Mensch­heit sich im Lau­fe der nächs­ten paar Jahr­hun­der­ten ver­ei­nen, wird die gesam­te Welt zu einer Nati­on ver­schmel­zen. Es wird dann kein Deutsch­land, Ame­ri­ka und auch kein ande­res Land mehr geben, son­dern nur noch den Pla­ne­ten Erde.

      In einer sol­chen Welt kann ich mir vor­stel­len, dass die Men­schen freund­lich und lie­bend auf brei­ter Basis und glo­bal zusam­men­ar­bei­ten und es nur noch wenig Elend und Leid gibt.
      Aber das wird wahr­schein­lich noch vie­le Jahr­hun­der­te dau­ern, ich habe echt kei­ne Ahnung, viel­leicht ent­wi­ckeln wir uns schnel­ler, viel­leicht lang­sa­mer, aber wir ent­wi­ckeln uns und irgend­wann wird die Mensch­heit erwach­sen sein. Im Moment ist sie irgend­wie auf der Ent­wick­lungs­stu­fe eines Jugend­li­chen.
      Es gibt eine ein­fa­che For­mel: Solan­ge die Mensch­heit noch in vie­le unter­schied­li­che Natio­nen auf­ge­teilt ist, die sich mehr oder weni­ger alle im Kon­kur­renz­kampf mit­ein­an­der befin­den, sich gegen­sei­tig ver­su­chen zu über­vor­tei­len, zu hin­ter­ge­hen usw. usf., ist sie nicht erwach­sen.

      Du fragst: „Wie kann man Men­schen dazu brin­gen, zusam­men und mit Lie­be leben, dass man ohne Angst oder Miss­trau­en leben muss?“

      Dass haben sich wahr­schein­lich schon vie­le gefragt. Ich habe auch kei­ne Ahnung, aber viel­leicht soll­ten die fried­li­chen und freund­li­chen Men­schen ver­su­chen (auf eine mög­lichst intel­li­gen­te, geschick­te und ein­fühl­sa­me Wei­se) auf die Gewalt­lieb­ha­ber ein­zu­wir­ken. Das kann eine geschick­te Rhe­to­rik sein oder eine sorg­fäl­ti­ge For­mu­lie­rung der Argu­men­te und Ähn­li­ches mehr. Das könn­te die Destruk­ti­vi­tät der Gewalt­lieb­ha­ber mil­dern. Mehr ist wohl kaum drin. Unab­hän­gig davon kön­nen wir anneh­men, dass die Mensch­heit im Lau­fe der Jahr­hun­der­te immer fried­li­cher und fried­li­cher wird. Die­se Annah­me ist nicht unbe­rech­tigt, denn in den ver­gan­ge­nen Jahr­tau­sen­den hat sich die Mensch­heit auch ethisch und mora­lisch wei­ter­ent­wi­ckelt. War­um soll­te die­se Ent­wick­lung aus­ge­rech­net jetzt stop­pen?
      Mit Zwang, Bevor­mun­dung, Mani­pu­la­ti­on und ähn­li­chen „Metho­den“ wer­den wir die Destruk­ti­vi­tät wahr­schein­lich nicht aus der Welt zu schaf­fen kön­nen. Das ist das Dilem­ma. Aggres­si­ve Metho­den sind zur Bekämp­fung der Aggres­si­vi­tät nicht geeig­net. Man kann dem Dum­men sei­ne Dumm­heit nicht aus­trei­ben, indem man ihm sagt: „Du bist dumm.“ Wie ich irgend­wo auf Men­schen­pla­net schrei­be: „Wir kön­nen Igno­ranz nicht mit Igno­ranz bekämp­fen, Oppor­tu­nis­mus nicht mit Oppor­tu­nis­mus, Gleich­gül­tig­keit nicht mit Gleich­gül­tig­keit und Unge­rech­tig­keit nicht mit Unge­rech­tig­keit…“

      Du schreibst: „Wir leben nur ein­mal aber trotz­dem nut­zen ande­re aus wol­len nur mehr für sich anstatt mehr für uns alle.“
      Viel­leicht hat das damit etwas zu tun, dass wir alle mehr oder weni­ger Pes­si­mis­ten sind, wenn es um die Beur­tei­lung der Mensch­heit im All­ge­mei­nem und ihrer Zukunft im Beson­de­ren geht. Vie­le Men­schen füh­len sich genö­tigt mit­zu­zie­hen, nach dem Mot­to: Bevor ich das Opfer bin, bin ich lie­ber Täter. Doch noch viel öfter tun wir wahr­schein­lich nur so, als wären wir zum Betrug, zur Gewalt und all den ande­ren schreck­li­chen Din­gen genö­tigt. Es ist viel öfter nur eine Schutz­be­haup­tung, mit der wir viel­leicht auch uns selbst hyp­no­ti­sie­ren, um nicht erken­nen zu müs­sen, dass wir eigent­lich ein Arsch­loch sind.

      Dei­ne Fra­ge ist nicht ein­fach zu beant­wor­ten. Du musst dir vor­stel­len, dass die Mensch­heit in ihrer Ent­wick­lung augen­blick­lich in einer Pha­se ist, in der ihr lang­sam bewusst wird, kein „Kind“ mehr zu sein. Sie ist jetzt ein Jugend­li­cher oder auch „Halb­star­ker“ und hält sich für unbe­sieg­bar. Wir soll­ten also Geduld mir ihr haben, denn Jugend­li­che sind für ihre Unrei­fe nicht ver­ant­wort­lich.

      Naja, das ist nur eine „Theo­rie“ von mit. Viel­leicht ist sie aber auch voll­kom­me­ner Quatsch.

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