Grundrechte und Grundpflichten
Alle reden von ihren Grundrechten, doch niemand interessiert sich für seine Grundpflichten.
Viele der Leute, die gegen die Corona-Maßnahmen protestieren, klagen lauthals und aggressiv ihre Grundrechte eine, ihre Grundpflichten interessieren sie jedoch nicht. Grundrechte und Grundpflichten gibt es jedoch nur im Paket, sie bedingen sich gegenseitig. Das heißt: Es gibt keine Grundrechte ohne gleichzeitige Grundpflichten. Man “erwirbt” sich sein Recht auf seine Grundrechte, indem man seine Grundpflichten anerkennt.
Wer seine Grundpflichten ablehnt, entzieht deshalb im Prinzip seinen Grundrechten die Basis. Corona-Leugnern (natürlich auch Reichsbürger, Neo-Nazis bzw. Verschwörungsideologen ganz allgemein) ist dieser Widerspruch völlig egal. Sie wollen nur haben und nehmen, weigern sich aber zu geben — selbst wenn es nur Kleinigkeiten sind.
Was die Leute auf die Straße treibt, wenn sie lautstark und aggressiv gegen die Corona-Maßnahmen demonstrieren, ist in Wirklichkeit ihre Unzufriedenheit mit ihrem eigenen Leben. Nüchtern und ehrlich betrachtet müsste sich ihr Ärger gegen sich selbst richten, denn wir leben in einer kapitalistischen Ellbogengesellschaft, in der nur der etwas erreicht, der diszipliniert, ehrgeizig und vielleicht auch trickreich sein Ziel verfolgt. Da sie diese Energie zur Selbstverwirklichung nicht besitzen, nutzen sie die Corona-Pandemie als Ventil zum Frustabbau.
Sie nutzen diese Krise lediglich, um einen Grund vorgeben zu können, gegen den Staat und die Regierung motzen zu dürfen. Das Maskentragen und die Kontaktsperre sind ihnen eigentlich nicht so wichtig.
Es ist zwar nur eine Spekulation, doch ich würde mich nicht wundern, wenn sie auch dann aggressiv auf die Straße gehen würden, hätte die Regierung keine Maskenpflicht und Kontaktsperre eingeführt. Dann gäbe es jetzt in Deutschland etwa 200 Tausend oder mehr Corona-Tote und genau das würden sie der Regierung dann vorwerfen.
Und für professionelle Verschwörungsideologen ist diese Krise natürlich ein gefundenes Fressen, auf das sie nur gewartet hatten.
Grundpflichten
Eine unserer Grundpflichten ist es, die Grundrechte unsere Mitmenschen zu respektieren. Wer auf seine Grundrechte pocht, gleichzeitig aber anderen die gleichen Rechte abspricht (beispielsweise das Recht auf eine andere Meinung), dem geht es in Wirklichkeit gar nicht um Grundrechte und Meinungsfreiheit, sondern nur um seine eigene Bequemlichkeit. Man möchte sich im Denken nicht ändern oder für die Gesellschaft ein paar Unannehmlichkeiten in Kauf nehmen. Das ist purer Egoismus, dem die Gesellschaft egal ist.
Corona-Leugner und Verschwörungsideologen verdanken diesem Staat Freiheiten und Privilegien, die sie in vielen anderen Ländern niemals hätten. Trotzdem gehen sie auf die Barrikaden, nur weil man von ihnen in einer Krise verlangt, für eine bestimmte Zeit ihr Verhalten in der Öffentlichkeit zu ändern. Sie empfinden es als Zumutung, etwas für die Gesellschaft zu tun, wenn diese einmal in Bedrängnis geraten ist.
Außer etwas Rücksicht und Solidarität erwartet man von uns als Normalbürger in der Corona-Pandemie nichts. Was ist schon so schlimm daran, wenn man im Supermarkt, im Bus und Bahn, öffentlichen Gebäuden etc. diese Masken über Mund und Nase trägt und sich nicht ständig mit seinen Freunden treffen kann?
Eigentlich sollten diese Leute sich freuen, in Deutschland sein zu dürfen. Wir sind hier alle privilegiert und leben wie die sprichwörtlichen Maden im Speck. So ein großes Glück besitzen nur wenige Menschen in der Welt.
Grundrechte
Wir alle haben ein Recht auf unsere Grundrechte, obwohl wir sie uns nicht durch irgendein Tun verdient haben. Sie sind ein Geschenk.
Und die Corona-Leugner (wie alle anderen auch, die nicht mindestens 80 Jahre alt sind) haben selbst nie etwas dafür getan, dass es diese Grundrechte und Freiheiten gibt, die ihnen ein solch bequemes Leben ermöglichen. Jeder kann sein Leben in Deutschland so gestalten, wie er möchte. Wir alle sind Nutznießer dieser freien und offenen Gesellschaftsform und schöpfen das ab, was andere Menschen (von denen die allermeisten längst tot sind) vor langer Zeit erkämpft haben.
Warum weigern sich also einige Leute, diesen kleinen Beitrag für das Land zu leisten, dem sie ihre Rechte und Freiheiten verdanken? Selbst Staatsfeinde (Links- und Rechtsextremisten) haben in Deutschland die gleichen Freiheitsrechte wie Staatsfreunde.
Und wer keine Lust zum Arbeiten hat, findet in Deutschland auch Wege, sich darum zu drücken, und bekommt trotzdem genug Geld für seine Wohnungsmiete und zum Leben vom Staat geschenkt. Es wird toleriert.
Was will man also mehr? Ein geileres Land als Deutschland wird man so schnell nicht finden.
Querdenker
Corona-Leugner, die sich Querdenker nennen, verkaufen alten Wein in alten Schläuchen, während sie es als das Neuste vom Neusten anpreisen. Ihre Art des Denkens ist stark egozentrisch und rein linear: Es interessiert sie nur das, was eine unmittelbare Bedeutung für ihre persönliche Alltagsbefriedigung hat — alles andere ignorieren sie.
Querdenken erzeugt immer neue Gedanken und ungewöhnliche Assoziationen. Doch alles, was Corona-Querdenker von sich geben, sind uralte Kamellen: „Andersdenkende sind schuld, das System ist ungerecht, die Regierung ist korrupt und verlogen, es gibt keine Meinungsfreiheit und Demokratie mehr usw. All das sind die üblichen Ressentiments gegenüber der freien, offenen und modernen Gesellschaft. Sie werden hauptsächlich von Menschen gepflegt, die eine solche Gesellschaft nicht mögen, weil sie von wirklicher Offenheit und Freiheit überfordert sind. Denn diese verlangt kreative Eigenverantwortlichkeit — besonders in einer Krise.
Missbrauch des Ausdrucks Querdenker
Irgendwo haben Corona-Leugner den Ausdruck Querdenker aufgeschnappt und missbrauchen ihn jetzt, um gegen diese Gesellschaft zu schimpfen, da sie keinen entspannten Platz in ihr finden können.
Doch keiner der selbst ernannten Querdenker interessiert sich für den Prozess des Denkens selbst. “Querdenken” sollte immer ein kritischer Vorgang sein, der unter anderem auch die eigene Meinung hinterfragt. Doch das tun die Corona-Querdenker nicht. Sie plappern nur das nach, was sie irgendwo gelesen haben — das ist das genaue Gegenteil von Querdenken.
Wenn man glaubt, dass etwas quergedacht ist, obwohl es sich nur um abgedroschene Phrasen handelt, zeugt das vom Desinteresse am Querdenken selbst, bzw. dass man gar nicht weiß, was damit gemeint ist. Hier eine Stellungnahme von wirklichen Querdenkern: https://querdenker.one/statement/
Der gesund Menschenverstand
Corona-Leugner behaupten, einen gesunden Menschenverstand zu besitzen. Deshalb sollten sie sich fragen, wie es möglich sein kann, bei der Corona-Frage der gleichen Meinung zu sein, wie Verschwörungsideologen und Neonazis.
Sie demonstrieren Seite an Seite mit Menschen, die glauben, dass außerirdische Echsenwesen (Reptiloiden) die Welt regieren, es eine jüdische Weltverschwörung gibt, es keinen Holocaust gab, die Erde eine Scheibe oder auch hohl ist, die Bevölkerung systematisch von der Regierung vergiftet wird (Chemtrails) und dass Demokraten pädophile Satanisten sind, die das Blut von Kleinkinder trinken.
Wer einen “gesunden Menschenverstand” besitzt, der weiß, dass jemand, der all das glaubt, nichts anderes als ein Spinner und Idiot sein kann. Denn nichts davon kann man in der Welt beobachten — weder direkt noch indirekt.
Den Corona-Leugnern, die nicht aus der Reichsbürger-Neonazi-Verschwörungsideologen-Szene kommen, ist das wahrscheinlich auch klar, doch seltsamerweise stört es sie nicht, gemeinsam mit diesen Leuten für eine Sache zu demonstrieren.
Sie halten diese Leute für Spinner, in der Corona-Frage sprechen sie ihnen jedoch einen gesunden Menschenverstand zu? Wie passt das zusammen? Sollte es einen gesunden Menschverstand geben, dann würde er bei jedem, der ihn besitzt, an dieser Stelle sofort die Alarmsirenen aufheulen lassen.
Außerdem: Wer seinen (selbst attestierten) gesunden Menschenverstand als Argument in die Diskussionsrunde wirft (wie es viele Corona-Skeptiker und Leugner tun), beweist damit nur, dass er ihn nicht hat. Denn der würde genau das verbieten.
Meinungsdiktatur
Corona-Leugner behaupten auch, in Deutschland gäbe es keine Meinungsfreiheit mehr und stattdessen eine Meinungsdiktatur. Man würde sie daran hindern, das auszusprechen, was sie denken.
Doch beobachten kann man das in diesem Land nicht. Ständig und überall schreien sie ihre Meinung lauthals heraus, und absolut niemand versucht es ihnen zu verbieten. Überall im Fernsehen und im Internet sieht und hört man das. Kein einziger Fall ist bekannt, in dem jemandem verboten wurde, das auszusprechen, was er denkt. Die Behauptung, man dürfe in Deutschland nicht mehr das aussprechen, was man denkt, ist also eine glatte Lüge.
Wer allerdings andere übelst beleidigt, verunglimpft oder verbal bedroht, muss in einem Rechtsstaat damit rechnen, zurechtgewiesen zu werden. Das ist keine Einschränkung der Meinungsfreiheit, sondern nur ein Appell, sich zivilisiert zu verhalten.
Keinen Bock auf Gegenrede
In Wirklichkeit gefällt es den Corona-Leugnern einfach nicht, dass man ihnen widerspricht. Macht jemand sie darauf aufmerksam, das ihre Behauptungen nicht stimmen, da man nichts davon beobachten kann, schüchtern sie diese Leute mit verbaler Gewalt ein. Wenn also in diesem Land jemand anderen seine Meinung verbieten will, sind sie es selbst.
Anstatt die Kritiker ihrer Behauptungen von der Richtigkeit derselben mittels Argumente und Beweisen zu überzeugen (wie es in einer Demokratie üblich ist), beschimpfen, beleidigen und bedrohen sie diese. Das ist anti-demokratisch und unsozial und zeigt, an einem Meinungsaustausch sind sie gar nicht interessiert.
Da ist es dann kein Wunder, dass viel Menschen ihnen aus dem Weg gehen, denn wer steht schon gerne Leuten gegenüber, von denen man nur angepöbelt wird, sobald man etwas sagt, was diese nicht hören wollen?
Die Maske
Die Maske ist eine reine Vorsichtsmaßnahme. Sie reduziert die Möglichkeit, dass man als Virusträger oder Trägerin andere ansteckt. Normalerweise schleudert man beim Sprechen, Hüsteln oder Räuspern immer ein paar winzige Speicheltropfen aus, selbst wenn man es nicht merkt. Und da niemand mit Sicherheit weiß, dass er kein Virusträger ist, verringert man durch das Tragen der Maske deutlich die Wahrscheinlichkeit, andere damit anzustecken.
Erst in zweiter Linie schützt uns die Maske selbst vor dem Virus. Werden wir bespuckt, dann kann dieser Speichel nicht mit unseren Lippen oder unserem Mund in Berührung kommen und direkt in unseren Körper eindringen. Wir können uns dann nur noch über Umwege anstecken.
Die Behauptung, das Virus könnte — weil es so winzig ist — durch die Zwischenräume im Gewebe der Maske hindurchschlüpfen, stimmt so nicht. Die Viren befinden sich hauptsächlich in der Speichelflüssigkeit (ungebundene Viren kommen so gut wie nie vor), und selbst die kleinsten Tröpfchen sind immer noch viel zu groß, als das sie durch die Zwischenräume hindurchpassen. Man muss schon stark niesen oder Husten, damit das passiert.
Nur Viren, die sich in der ausgeatmeten Luft befinden, können das Maskengewebe durchdringen oder entweichen an den Rändern. Normalerweise befinden sich in der Atemluft jedoch keine Viren.
Fehler und unterschiedliche Wahrnehmung
Über das Grippevirus wissen wir so gut wie alles — über das Coronavirus hingegen fast gar nichts. Deshalb ist es vernünftig, mit diesem neuen Virus vorsichtig umzugehen: Zwar ist das Corona-Virus hauptsächlich für Menschen mit einem geschwächten Immunsystem eine tödliche Gefahr, doch das muss nicht so bleiben, denn es könnte mutieren.
Dass bei dem Management der Corona-Krise Fehler gemacht wurden, war voraussehbar, denn wir besitzen keine Erfahrung im Umgang mit einer Pandemie. Die Regierung stand jedoch unter Zugzwang und aufgrund des Zeitdrucks und der allgemeinen Hektik war es schwer, ausgewogene und optimale Regelungen zu finden. Das kann man niemandem verübeln. Es sollte jedoch das Motto gelten: Lieber übervorsichtig als nicht vorsichtig genug, denn ein so reiches Land wie Deutschland kann sich das leisten.
Viel Geschrei um nichts
Natürlich sind wir alle unterschiedlich stark von den Corona-Vorsichtsmaßnahmen betroffen — manche Leute so gut wie gar nicht, andere hingegen stärker oder sogar sehr stark. Wer seine Wohnung eher selten verlässt, auch keine Sportveranstaltungen besucht, keine Vereinstätigkeiten hat oder sich selten mit seinen Freunden trifft, dem fällt der Unterschied zur Vor-Coronazeit kaum auf.
Die Leute, die am wenigsten von den Corona-Maßnahmen betroffen sind, beschweren sich jedoch am lautesten und aggressivsten. Alles, was sie stört, sind die Maskenpflicht und die Einschränkungen der Versammlungsfreiheit. Finanzielle Verluste haben sie keine, bzw. nur unwesentlich. Hartz-4-Empfänger, Arbeitslose und Rentner bekommen keinen Cent weniger. Kurzarbeiter bekommen zwar nur noch 60 % ihres bisherigen Lohnes, allerdings müssen sie auch nicht arbeiten und können sich voll ihren privaten Interessen widmen.
Die wirklich Betroffenen (Mittelständler, Künstler, Freiberufler, bzw. all die, die keine oder nicht genug finanziellen Rücklagen haben, um die Corona-Zeit unbeschadet zu überstehen) protestieren hingegen nicht lautstark und bedrohlich auf den Straßen.
Die Corona-Leugner sind lediglich sauer, weil ihnen ein paar Unbequemlichkeiten aufgenötigt werden, weil man von ihnen erwartet, sich in einer Krise solidarisch und rücksichtsvoll zu verhalten, selbst wenn diese Krise letztendlich nicht so schlimm sein sollte, wie man anfangs annehmen musste. Na und?
Wer gern in diesem Land lebt, ein sozialer Mensch ist und auch etwas für die Gesellschaft tun möchte, nimmt gerne diese Unannehmlichkeiten in kauf.