These 1: Erlernbare Homosexualität
Schwulenhasser behaupten oft, Homosexualität wäre erlernbar, was bedeutet, jeder Mensch könnte schwul oder lesbisch werden, also zärtliche, romantische und erotische Gefühle für Menschen des gleichen Geschlechts entwickeln, wenn er nur wollte. Das wiederum würde bedeuten: Auch homophobe Menschen könnten homosexuell werden, also lernen, als Mann einen Mann oder als Frau eine Frau zu lieben. Denn wenn Homosexualität erlernbar ist, dann gilt das selbstverständlich für alle Menschen. Mit der Behauptung, dass Homosexualität erlernbar und letztendliche eine Gewohnheitssache und freie Wahl ist, würden Homosexuellenhasser sich selbst als latent homosexuell outen. Denn es macht keinen Sinn zu sagen: „Alle Menschen könnten homosexuell werden, nur ich nicht.“
Homophobe Männer müssen sich also die Frage gefallen lassen: „Du könntest dir vorstellen, lernen zu können, Männer erotisch zu finden?“
Erlernbare, also abgeschaute oder nachgemachte Homosexualität ist mit folgender Analogie beschreibbar: Angenommen, wir lieben Schokolade, Schweinskopfsülze finden wir jedoch ekelhaft. Doch dann beobachten wir einen Arbeitskollegen in der Kantine beim Essen von Schweinskopfsülze, woraufhin uns Schokolade plötzlich nicht mehr schmeckt, und wir die Sülze jetzt so lecker finden, wie zuvor die Schokolade. Wie soll das möglich sein?
Konsequent zu Ende gedacht würde das bedeuten: Schwule Männer würden sich eigentlich wie alle anderen Männer auch zu Frauen hingezogen fühlen, diesen Trieb jedoch ignorieren oder unterdrücken und sich stattdessen dem zuwenden, was sie nicht mögen. Was soll das?
Heterosexuell trotz Frauenmangel
Würde die Theorie von der erlernbaren Homosexualität stimmen, müsste es in den Regionen der Erde, in denen es Frauenmangel gibt, überdurchschnittlich viele schwule Männer geben. Homosexualität wäre dort auch weniger geächtet, da durch den hohen Anteil schwuler Männer Homosexualität eine größere Akzeptanz hätte.
Beispielsweise gibt es in Indien und China in vielen ländlichen Gegenden deutlich weniger Frauen als Männer, weil weibliche Föten dort bevorzugt abgetrieben werden. Viele Männer finden dort keine Partnerin. Doch der Anteil homosexueller Männer ist in diesen Regionen nicht höher als im Rest des Landes. Und Homosexualität ist dort auch nicht weniger geächtet, als in anderen schwulenfeindlichen Ländern.
These 2: Homosexualität ist unnatürlich
Schwule Männer leiden nicht unter ihrer sexuellen Orientierung, sondern unter der gesellschaftlichen Ächtung.
Eine andere Behauptung, die oft von homophoben Menschen gemacht wird: Homosexualität wäre unnatürlich, käme in der Natur also nicht vor, wäre eine Form der Perversion und müsse deswegen verboten oder sogar bekämpft werden. Die Beobachtungen zeigen jedoch, der Anteil homosexueller Menschen ist nur geringfügig höher ist als bei Tieren. Etwa 5–10 Prozent aller Menschen sind homosexuell und im Tierreich ist der Anteil genauso hoch.
Keinen Schaden durch Homosexualität
Niemand weiß, ob die Natur irgendetwas damit bezweckt, manche Menschen und Tiere darauf zu polen, das gleiche Geschlecht sexuell attraktiv zu finden. Es könnte eine unbekannte funktionelle Absicht dahinter stecken oder auch nur eine zufällige „Fehlschaltung“, die jedoch ohne Auswirkungen ist, da sie keinen Schaden anrichtet: Nach wie vor wächst die Weltbevölkerung rasant an und der Anteil homosexueller Menschen hat in den letzten Jahrtausenden auch nicht zugenommen.
Homosexuelle Menschen werden heutzutage lediglich in liberalen und demokratischen Staaten stärker in der Öffentlichkeit wahrgenommen, da es nicht mehr zwingend nötig ist, sich als schwuler Mann verstecken zu müssen. Im Mittelalter mussten schwule Männer noch damit rechnen umgebracht zu werden — was übrigens auch für Linkshänder galt. Heute, in den demokratischen Staaten, besteht diese Gefahr meistens nicht mehr.
Nur eine Andersartigkeit
Homosexualität ist weder eine Krankheit noch Perversion und auch nichts, was man sich aussucht, sondern nur eine Andersartigkeit, eine Abweichung von der Norm.
Und Andersartigkeiten (also Ungewohntes) lehnen wir in der Regel ab, wenn wir keine entspannte Einstellung zum Leben haben. Das Motto »Leben und leben lassen« kann uns dann ein Dorn im Auge sein. Als homophobe Menschen sind wir meistens auch nationalistisch eingestellt, gegen Ausländer und ganz allgemein keine Menschenfreunde. Was nicht so ist wie wir selbst, mögen wir einfach nicht.
Auch Linkshänder benutzen nicht absichtlich ihre linke statt der rechten Hand als primäres Greifwerkzeug — die Natur hat sie so geschaffen. Doch im Mittelalter wurden sie manchmal aus dem gleichen Grund getötet, wie homosexuelle Menschen: Man empfand die Linkshändigkeit als widernatürlich, als Teufelswerk, das als böse galt.
Selbst Immanuel Kant, der große Aufklärer der Moderne, hielt die linke Hand noch als minderwertig. Und auch heute glauben noch etwa 2 Prozent aller Menschen, die Linkshändigkeit wäre unnatürlich. Doch: Warum sollte jemand etwas mit der linken Hand machen, wenn er es mit der rechten viel besser kann?
Die Natürlichkeit der Unnatürlichkeit
Doch selbst wenn Homosexualität unnatürlich wäre, könnte man den Schwulen und Lesben keinen Vorwurf machen, denn vieles in der Menschenwelt ist unnatürlich. Unsere Autos, Fernseher, Handys, Flugzeuge, Weltraumraketen, Computer, Bücher, Musikinstrumente, Toiletten sowie viele andere Erfindungen sind nicht natürlich entstanden. Viele unsere Riten, Bräuche und Traditionen sind es ebenfalls nicht, denn nichts davon gibt es in der Natur.
Schon in der Steinzeit haben wir begonnen, Werkzeuge aus Tierknochen herzustellen. Wir kochen oder braten unsere Nahrung bevor wir sie essen und laufen auch nicht nackt herum. Es gibt noch Tausende weitere Beispiel für Unnatürlichkeiten. Man könnte also sagen: Der Mensch hat die Unnatürlichkeit erfunden, kultiviert und nützlich gemacht. Ohne unsere Unnatürlichkeiten säßen wir vielleicht immer noch in Höhlen.
Aber auch in der Tierwelt beobachten wir Unnatürlichkeiten: Bieber fällen Bäume und bauen Staudämme daraus. Viele Tiere Blätter und Zweige zum Nestbau und einige sogar als Werkzeug. Diese Tiere missbrauchen und zweckentfremden Pflanzen, was als unnatürlich interpretiert werden kann. Denn wir können davon ausgehen, dass die Pflanzen ihre Blätter, Zweige und Äste nicht haben wachsen lassen, damit Tiere sie als Werkzeug oder zum Nestbau benutzen.
Mit anderen Worten: Auch die sog. Unnatürlichkeit ist letztendlich natürlich, was wiederum bedeutet: Eigentlich gibt es keine Unnatürlichkeit, sondern nur Umgestaltungen, Abänderungen und Modifikationen, also Möglichkeiten, die genutzt werden können oder auch nicht.
Sexualität, Befangenheit und Menschenfeindlichkeit
Wir sollten endlich lernen zu akzeptieren, dass die Natur und das Leben vielseitig sind.
Als erwachsene Menschen sollten wir fähig sein, Abweichungen von der Norm zumindest tolerieren zu können, wenn sie uns irritieren, ohne dahinter gleich einen Zersetzungsakt oder eine bösartige Perversion zu vermuten. Wenn wir unangenehm davon berührt sind, liegt das an uns selbst.
Homophobie (die nur dem Wortlaut nach eine Angst ist, sondern eigentlich eine funktionelle Feindschaft) ist nur eine von vielen Menschenfeindlichkeiten. Frauenfeindlichkeit, Antisemitismus und Ausländerfeindlichkeit sind ebenfalls Menschenfeindlichkeiten.
Wir müssen auch nicht nachvollziehen können, wie es möglich ist, dass ein Mann einen anderen Mann erotisch anziehend finden kann. Er wird es schon selbst wissen — und mehr ist auch nicht nötig. Außerdem geht es uns nichts an, denn es beeinträchtigt weder unser Leben noch die Gesellschaft.
Angst vor der Sexualität
Es ist bekannt, dass ein Teil der Schwulenhasser-Community selbst schwul ist oder zumindest homoerotische Tendenzen kennt. Diese Männer glauben, ihre homoerotischen Gefühle durch eine aggressive Schwulenfeindlichkeit abtöten zu können. Manchmal ist es aber nur einfach nur Tarnung, nach dem Motto: “Was ich beschimpfe und bekämpfe, kann ich ja selbst nicht sein.”
Letztendlich ist die Ablehnung der Homosexualität darauf zurückzuführen, dass sie uns daran erinnert, sexuelle Lebewesen zu sein, genau wie Tiere. Manche Menschen haben ein Problem mit dieser Tatsache. Je angespannter unsere Beziehung zu unserer eigene Sexualität ist — egal ob es uns bewusst ist oder nicht — desto weniger mögen wir es, in der Öffentlichkeit daran erinnert zu werden.
Bezeichnen wie Homosexualität also als unnatürlich oder pervers, konstruieren wir nur ein Argument, mit dem wir unsere irrationale Angst vor der Sexualität — egal welche Form sie auch hat — rationalisieren wollen. Zusätzlich erzeugen wir uns so einen weiteren Feind, der uns als Projektionsfläche für unseren ausgelagerten Lebensfrust dient. Mehr steckt meistens nicht dahinter.
Der Mann soll nicht beim Manne liegen.
Seid fruchtbar und mehret Euch.
Ehre Deinen Vater und Deine Mutter.
Wenn du nicht beim Manne liegen willst, ist das deine Sache. Jeder sollte die Freiheit haben, das selbst zu entscheiden. Wenn ich irgendwann dafür in die Hölle komme, dann ist das ganz allein mein Schicksal, ich schade niemandem damit — und das Risiko gehe ich ein.