Mein Glück ist dein Pech
Eigentlich ist es überall in der Welt üblich, dass wir miteinander konkurrieren. Nicht nur in den modernen Gesellschaften, sondern auch bei den wenigen noch existierenden sogenannten Natur- oder indigenen Völkern. Dieser Wettstreit ist einer der Faktoren, der unsere Gesellschaften sich weiterentwickeln lässt. Ohne den Konkurrenzdruck würden wir uns nur wenig bemühen viel zu wissen, viel zu können oder gut im Beruf zu sein.
Bereits in der Schule beginnt der große Konkurrenzkampf. Wer gute Noten nach Hause bringt, wird gelobt. Wer als Erwachsener ambitioniert an einer Karriere arbeitet, bekommt später Privilegien und kann leichter Einfluss auf die Gesellschaft ausüben. Diese Privilegien sind der Hauptgrund all unsere Anstrengungen. Ohne die Aussicht auf Belohnung bemühen in wir uns nur selten mehr, als das Alltagsleben es uns abverlangt.
Doch fast jeder will mehr Geld, eine größere Wohnung und ein tolleres Auto haben, sowie schlauer, attraktiver und erfolgreicher als die anderen sein. Denn je mehr wir diese Attribute des Erfolges besitzen, desto wohler fühlen wir uns in unserer Haut.
Jeder Sieg erzeugt einen Verlust
Wenn wir erfolgreich und glücklich sind, verbannen wir die Erfolglosigkeit und das daraus resultierende Unglück nicht aus der Welt, wir verlagern es nur.
Dieser Konkurrenzkampf ist zwar eine wichtige Triebfeder für die Weiterentwicklung der Menschheit, andererseits aber auch für viel Leid und Ungerechtigkeit verantwortlich. Denn wer erfolgreich sein will, darf auf die Interessen seiner Konkurrenten keine Rücksicht nehmen.
Wer sagt: „Ich mag es nicht, wenn mein Mitbewerber Nachteile hat“, wird nicht erfolgreich sein. Damit wir erfolgreich sind, müssen wir den Misserfolg unserer Mitstreiter zumindest in Kauf nehmen, eigentlich sogar anstreben. Der Misserfolg der einen ist die Voraussetzung für den Erfolg der anderen.
Die Verbannung des Unglücks
Erfolglosigkeit und Unglück sind dann immer noch da, bloß nicht bei uns – und darauf kommt es uns im Wesentlichen an. Wir haben nichts gegen Unglück und Leid, solange wir persönlich davon verschont bleiben. Es interessiert uns in der Regel nicht, dass unser Gewinn die Bedingung für den Verlust anderer ist.
Es spielt natürlich auch eine Rolle, was wir persönlich unter Glück und Erfolg versteht. Manche Menschen sind arm und erfolglos, aber trotzdem glücklich. Andere sind reich und berühmt, aber depressiv. Doch darauf kommt es in diesem Zusammenhang nicht an, denn die Welt und Menschen funktionieren nicht nach dem idealistischen Glücksprinzip.
Meistens verbinden wir Zufriedenheit und Glück nur mit materiellen und sozialen Erfolgen, denn wir sind keine spirituellen Lebewesen. Wir brauchen etwas zu essen, ein Dach über dem Kopf und möglichst viel Komfort. Und all das bekommen wir nur durch Anerkennung im Beruf.
Unser Erfolg produziert als Nebeneffekt also erfolglose Menschen und Verlierer, die sich dann so fühlen, wie wir uns nicht fühlen wollen.