Die Verschwörer: Dilettantismus und Dummheit

Wer einen anderen Menschen oder eine ganze Bevölkerungsgruppe manipuliert, tut das selbstverständlich so, dass er dabei nicht erwischt wird. Denn eine Manipulation ist nur dann wirksam und sinnvoll, wenn sie unentdeckt bleibt.
Verschwörungsaufdecker behaupten, geheime oder auch bekannte Organisationen würden die Bevölkerung manipulieren. Viele dieser Manipulationen wären dann allerdings so plump durchgeführt, dass man den Verschwörern oder Manipulatoren Dilettantismus unterstellen kann.
Diese Leute investieren wahrscheinlich sehr viel Geld, Zeit und Energie in ihre Aktivitäten, legen gleichzeitig aber keinen Wert darauf, unentdeckt zu bleiben, obwohl das mit nur wenig Aufwand möglich wäre.
Ein Beispiel sind die sogenannten Chemtrails. Hätten irgendwelche geheimen Gruppen die Absicht, die Bevölkerung oder das Klima auf globaler Ebene zu manipulieren, fänden sich sicherlich Methoden, die vor der Öffentlichkeit verborgen blieben. Stattdessen fliegen sie mit Flugzeugen für jeden gut sichtbar durch die Gegend und versprühen Chemikalien. Eine solche Vorgehensweise ist ziemlich dumm, wenn man etwas verheimlichen will.
Oder die Corona-Verschwörung: Anstatt dass die Verschwörer das Gift oder den Chip der Bevölkerung einfach heimlich über die Trinkwasserversorgung und die Lebensmittel verabreicht, macht man es über eine umständliche und öffentliche Impfung. Dümmer geht es kaum noch.
Die Selbstsabotage der Weltverschwörer
Auffällig dumm verhalten sich die Verschwörer bei allem, was sie tun. Warum benutzen sie immer den auffälligsten, umständlichsten, teuersten und ineffektivsten Wege zur Durchführung ihre Manipulationen?
Gestalten sie ihre Verschwörungen vielleicht absichtlich niemals raffiniert, damit diese auch entdeckt werden können? Arbeiten die Verschwörungsaufdecker etwa mit den Verschwörern zusammen? Sind Truther und Co. in Wirklichkeit Agenten der Verschwörungsmächte, sozusagen deren „Außendienstmitarbeiter“, mit der Aufgabe, die Weltbevölkerung von der wirklichen Verschwörungen abzulenken?
Auch wenn das ironisch gemeint ist, wäre es die einzige sinnvolle Erklärung für das widersprüchliche Verhalten der Verschwörer und ihre Gegenspieler.
Skrupellosigkeit scheinen die Verschwörer (die ansonsten über Leichen gehen) übrigens auch nicht zu kennen: Anstatt die Entlarver ihrer Machenschaften kurzerhand umzubringen, verschwinden zu lassen oder durch Marionetten zu ersetzen (denn das wäre ein Leichtes und sie wären die Störenfriede los), hindern sie diese nicht nur nicht an ihrer Aufklärungsarbeit – sie unterstützen sie indirekt sogar!
Das Internet: Stärkste Waffe der Truther im Kampf gegen die Verschwörer und Invasoren
Außerdem ist es absolut unverständlich, warum sie das Internet erschaffen haben oder zumindest seine Entstehung nicht verhinderten. Sind diese Leute oder Wesen denn dumm?
Denn mussten Verschwörungsaufdecker sich früher noch umständlich und extrem zeitaufwendig über den Postweg austauschen und koordinieren, können sie sich heute weltweit in Echtzeit miteinander vernetzen – was ihre Aufklärungsarbeit und Wahrheitsverbreitung extrem verbessert hat.

Mit dem Internet haben die Verschwörer ihren Feinden ein sehr mächtiges Instrument in die Hände gelegt. Ohne Internet wäre die weltweite Verschwörungsaufdecker-Community heute 1000 Mal kleiner.
Nicht nur ihre Verschwörungen verbocken sie also regelmäßig – auch von der Kunst der Geheimhaltung scheinen sie keine Ahnung zu haben.
Stagnation bei den Verschwörern und permanente Weiterentwicklung bei der Menschheit
Die Menschheit entwickelt sich nachweislich seit Jahrtausenden kontinuierlich weiter. Die Verschwörer hingegen nicht – ihre Entwicklung stagniert von Anfang an. Sie müssen sich die ganze Zeit verstecken, haben kein richtiges Leben, das sie ausleben und genießen können.
Was haben sie (außer Stress und Arbeit) von ihren zeit- und energieraubenden Machenschaften, wenn sich diese nicht auszahlen? Diese Leute oder Wesen sind bereits seit einer Ewigkeit damit beschäftigt, die Welt zu übernehmen, kommen ihrem Ziel (einem bequemen, arbeits- und sorgenfreie Leben) aber kein bisschen näher.
Genau betrachtet ist es sogar umgekehrt: In den letzten paar Jahrhunderten haben sich die allgemeinen Lebensbedingungen der meisten Menschen wesentlich verbessert. Natürlich gibt es immer noch jede Menge Elend, Hunger, Ungerechtigkeit und Gewalt in der Welt – in den westlich-demokratischen Ländern jedoch deutlich weniger als beispielsweise noch im Mittelalter.
Die Verschwörungsaufdecker: von Freiheit, Offenheit und Selbstverantwortung überfordert
In den demokratischen, offenen und pluralistischen Ländern gibt es die meisten Verschwörungsideologen, Truther und Infokrieger. Sie dürfen dort sagen, was immer sie wollen und nutzen diese Möglichkeit auch fleißig.
Sie gehen ihren Mitmenschen höchstens auf die Nerven mit ihrer egozentrischen und selbstbemitleidenden Rumjammerei. Selbst den größten Schwachsinn dürfen sie verbreiten, solange sie nicht gegen fundamentale Menschenrechte verstoßen.
Auch der Lebensstandard (verglichen mit vor 500 Jahren) ist inzwischen recht hoch. Was früher nur dem seltenen Mittelstand oder Adel vorbehalten war, ist heute Standard: Sanitäre Anlagen wie Toiletten, fließendes Wasser, Müllabfuhr, Heizung, Strom usw. sind nichts Besonderes mehr – selbst für armen Menschen nicht.
Massenweise Freiheitsrechte
In Deutschland und anderen mitteleuropäischen Ländern besitzen die Menschen heute praktisch alle Freiheiten, die man sich nur wünschen kann. Jeder kann sein Leben so gestalten, wie er es will. Wer das abstreitet lügt bewusst oder geht mit verschlossenen Augen durch die Welt.
Eingeschränkt werden wir lediglich durch Gesetze, die kriminelle Handlungen wie Diebstahl, Mord, Betrug, Rufmord, sexuelle Gewalt etc. unter Strafe stellen. Und das ist gut. Alles andere ist vollkommen frei. Selbst Menschen, die keine Lust zum Arbeiten haben, lässt man in diesem Land gewähren. Jeder darf sagen und tun, was immer er will, solange er nicht gegen die Gesetze verstößt.
Sehnsucht nach einer autoritären Gesellschaft
Deshalb habe ich den Eindruck, dass es genau das ist, was Verschwörungsaufdecker & Co. nicht mögen: eine freie und offene Welt bzw. Gesellschaft, in der jeder sein Leben nach seinen eigenen Vorstellungen gestalten kann. Denn in einer solchen Welt können sie sich nur schwer oder sogar gar nicht entfalten, da sie keine sozialen, offenen und kreativen Menschen sind.
Deshalb lieben sie es, wenn eine Gesellschaft und das soziale Leben strenge strukturiert ist (wie es in autoritären und diktatorischen Staaten der Fall ist). Dort erwartet man von ihnen nichts außer Gehorsamkeit und Konformität – was ihnen leicht fällt, denn beides verlangt weder Eigenverantwortung noch Kreativität vom Einzelnen.
Erfolglosigkeit trotz hoher Kompetenz
Wie erklärt sich außerdem die berufliche und soziale Erfolglosigkeit der meisten Verschwörungsaufdecker? Immerhin besitzen diese – nach eigenen Angaben – einen gesunden und daher überlegenen Verstand, der sie dazu befähigt, hinter die Fassaden der Mainstream-Lügen zu blicken und komplizierte Strukturen erkennen zu können.
Sie müssten aufgrund ihrer außergewöhnlichen geistigen und mentalen Fähigkeiten beruflich und sozial deutlich erfolgreicher als der Durchschnittsbürger sein. So könnten sie einen viel größeren Einfluss auf die Gesellschaft haben und wären auch bei ihrer Aufklärungsarbeit effektiver.
Stattdessen haben viel dieser Leute nur einen bedeutungslosen bis gar keinen Job. Oft schreiben und sprechen sie als Deutschnationale (die sie überwiegend sind) ein sehr schlechtes Deutsch.
Das ist im Prinzip zwar unwichtig, aufgrund ihrer starken Fixierung auf ihr Deutschsein aber extrem widersprüchlich ist.
Denn ein Mensch, der vorgibt, sein Heimatland zu lieben, während ihm die Sprache, die dort gesprochen wird, egal ist, kann in Wirklichkeit kein Heimatliebender sein. Er benutzt diesen Ausdruck nur, um seinen Hang zur Gewalttätigkeit (meist gegen fremde und „andersdenkende“ Menschen) rechtfertigen zu können.
Natürlich gibt es Ausnahmen von dieser „Regel“. Das sind in der Verschwörungsaufdecker-Szene oft die führenden Köpfe sowie Autoren, die das schreiben, was ihre Gläubiger-Gemeinde hören will. Für diese auffällige Diskrepanz gibt es zwei mögliche Erklärungen:
Eine Verschwörung gegen die Verschwörungsaufdecker
A: Eine weitere Verschwörung ist für die soziale Abseitsstellung der meisten Verschwörungsaufdecker verantwortlich. Die Verschwörer sorgen im Geheimen dafür, dass die Entlarver ihrer Machenschaften beruflich und sozial nicht auf die Füße kommen, damit diese sich nicht effektiv organisieren können.
(Besser und einfacher wäre es allerdings, die primären Verschwörungen gleich professionell durchzuführen, damit diese nicht aufgedeckt werden können.)
B: Die Verschwörungsaufdecker lehnen es bewusst ab, beruflich und sozial erfolgreich zu sein. Zwar könnten sie das – wenn sie wollten – doch sie wissen, Bildung, soziale und berufliche Erfolge sind unwichtig und Zeitverschwendung, da all das sowieso nur Täuschung und Illusion ist.
Doch was ist wahrscheinlicher: Menschen mit mangelhafter Bildung und geringem Assoziationsvermögen decken die Machenschaften supermächtiger Geheimorganisationen auf. Oder: Aufgrund ihrer Bildungsdefizite ist ihnen nicht bewusst, dass sie wenig bis gar nichts wissen. Und wem der eigene Mangel an Wissen nicht bewusst ist, hält sich manchmal für wissend. Dieser Effekt ist bekannt.