Glau­bens­sys­te­me


Ein Frosch blickt in einen verschleierten Sternenhimmel.

Die Welt­erklä­rungs­ver­su­che unse­rer archai­schen Vor­fah­ren

Wir haben soge­nann­te Glau­bens­sys­te­me, mit denen wir uns den Ursprung allen Seins erklä­ren: Ein über­na­tür­li­ches, all­mäch­ti­ges Lebe­we­sen ohne Anfang und Ende hat das Uni­ver­sum und das Leben erschaf­fen. Nur in den Details sind wir uns nicht einig, bei­spiels­wei­se wann und wie die Erschaf­fung statt­fand, wel­che Absich­ten das Wesen hat und was es von uns erwar­tet.

Wenn wir von Glau­bens­sys­te­men spre­chen, mei­nen wir in der Regel die Arten, auf die wir an Gott glau­ben. Wir kön­nen die­sen Begriff aber auch in einem brei­te­ren Sinn gebrau­chen:

Besitzt eine Leh­re, Ideo­lo­gie oder Theo­rie a prio­ri einen nicht beweis­ba­ren Anspruch auf All­ge­mein­gül­tig­keit oder uni­ver­sel­le Bedeu­tung, han­delt es sich um ein Glau­bens­sys­tem. Des­halb zäh­len auch Ideo­lo­gien und Eso­te­rik dazu.

Athe­is­mus als Glau­bens­sys­tem

Tra­di­tio­nell zäh­len wir den Athe­is­mus nicht dazu, da er den Glau­ben an einen Gott nicht beinhal­tet. Doch als Athe­is­ten sind wir nicht auf­grund defi­ni­ti­ver Bewei­se von der Nicht­exis­tenz Got­tes über­zeugt … unse­re logi­schen und ver­nünf­ti­gen Über­le­gun­gen las­sen uns das den­ken!

Und da bis in die letz­te Kon­se­quenz nichts beweis­bar ist, sind wir gezwun­gen, zu glau­ben, dass unse­re logi­schen und ver­nünf­ti­gen Über­le­gun­gen auch rich­tig sind. Aus die­sem ein­fa­chen, aber fai­ren Grund muss auch der Athe­is­mus bei den Glau­bens­sys­te­men ein­ge­ord­net wer­den.

Die „Schwach­stel­le“ aller Glau­bens­sys­te­me ist nun mal: Prag­ma­tisch, also nüch­tern, fak­ten­ori­en­tiert, unauf­ge­regt und ganz beson­ders zwang­los betrach­tet (was uns sel­ten leicht fällt, da wir fast alle direkt oder indi­rekt ideo­lo­gisch indok­tri­niert wur­den), sind sie Spe­ku­la­tio­nen – egal wie viel sie uns bedeu­ten oder wie sehr wir von ihnen über­zeugt sind.

Die­se Asso­zia­ti­on gefällt uns als Athe­is­ten natür­lich über­haupt nicht – und des­halb zer­re­den wir sie lei­den­schaft­lich. Wir alle haben unse­re fes­ten Über­zeu­gun­gen, die uns irra­tio­nal den­ken las­sen. In die­ser Bla­se unse­rer per­sön­li­chen Vor­stel­lungs­welt wird Fik­ti­on für uns zur Wirk­lich­keit.

Kate­go­rien der Glau­bens­sys­te­me

Reli­giö­se Glau­bens­sys­te­me:
The­is­mus, Agnos­ti­zis­mus, Athe­is­mus: Die­se beschäf­ti­gen sich tra­di­tio­nell, kri­tisch oder wis­sen­schaft­lich mit dem Pos­tu­lat (oder der Idee) eines jen­seits von Raum und Zeit ange­sie­del­ten »omni­po­ten­ten Super­we­sens«, das für die Exis­tenz des Uni­ver­sums und des Lebens ver­ant­wort­lich ist.

Ideo­lo­gi­sche Glau­bens­sys­te­me:
Ideo­lo­gien, zum Bei­spiel der Glau­be an den Sozia­lis­mus, Kapi­ta­lis­mus, Wirt­schafts­sys­te­me, Gesell­schafts­for­men etc. Ideo­lo­gi­sche Glau­bens­sys­te­me sind meis­tens rein intel­lek­tu­el­le Über­zeu­gun­gen und haben einen welt­li­chen Cha­rak­ter.

Eso­te­ri­sche Glau­bens­sys­te­me:
Ufo­lo­gie, Ver­schwö­rungs­theo­rien, Spi­ri­tis­mus, Mythen, Magie etc. Eso­te­ri­sche Glau­bens­sys­te­me kann man als »alter­na­ti­ve Reli­gio­nen« ver­ste­hen. Wer das Bedürf­nis hat, glau­bend durchs Leben zu gehen, das Schöp­fer­gott­kon­zept jedoch ablehnt, fin­det in der Eso­te­rik Glau­bens­mög­lich­kei­ten.

Das Feld der Eso­te­rik ist weit und beschreibt die Welt des Über­sinn­li­chen und ver­wand­te Tra­di­tio­nen. Es ist nicht immer ein­deu­tig, was zur Eso­te­rik gehört und was nicht. Eini­ge Men­schen zäh­len bei­spiels­wei­se Spi­ri­tua­li­tät und Astro­lo­gie dazu, ande­re nicht.

Per­sön­li­che Glau­bens­sys­te­me:
Über­zeu­gun­gen, etwas zu sein, etwas zu wer­den, etwas zu wis­sen. Per­sön­li­che Glau­bens­sys­te­me sind sehr dif­fi­zil und las­sen sich schlecht defi­nie­ren.

Sie kön­nen gut mit ande­ren Glau­bens­sys­te­men kom­bi­niert wer­den. Ein per­sön­li­ches Glau­bens­sys­tem kann ein pri­va­ter Glau­be sein, der heim­lich prak­ti­ziert wird und nur ein ein­zi­ges Mal exis­tiert. Obses­sio­nen und Wahn­vor­stel­lun­gen (bei­spiels­wei­se der Glau­be, die Wie­der­ge­burt einer his­to­ri­schen Per­son zu sein), kön­nen dazu gezählt wer­den.


The­is­mus, Athe­is­mus, Agnos­ti­zis­mus

Die­se drei Aus­rich­tun­gen sind die Haupt­grup­pen der reli­gi­ons­ori­en­tier­ten Glau­bens­sys­te­me. Es gibt noch jede Men­ge ande­re, doch die­se kann man als Unter­grup­pen oder Able­ger von The­is­mus, Athe­is­mus und Agnos­ti­zis­mus ver­ste­hen. Meis­tens unter­schei­den sich die­se von ihrer Mut­ter­grup­pe nur in Nuan­cen:

The­is­mus:
Deis­mus, Mono­la­tris­mus, Pan­the­is­mus, Kos­mo­the­is­mus, Theo­pha­nis­mus, Heno­the­is­mus, Mono­the­is­mus, Panenthe­is­mus, Theo­zen­tris­mus, agnos­ti­sche The­is­mus sowie die soge­nann­te nega­ti­ve Theo­lo­gie.

Athe­is­mus:
Logisch-meta­phy­si­sche, nomi­na­lis­ti­sche, meta­phy­sisch-ratio­na­lis­ti­sche; radi­kal-szi­en­tis­ti­sche, pos­tu­la­to­ri­sche, szi­en­tis­ti­sche, prag­ma­ti­sche und agnos­ti­sche Athe­is­mus

Agnos­ti­zis­mus:
Der star­ke, schwa­che, athe­is­ti­sche, spi­ri­tu­el­le und prag­ma­ti­sche Agnos­ti­zis­mus, sowie den Ignos­ti­zis­mus.

Für jeden Geschmack und für jedes intel­lek­tu­el­le Gemüt ist somit etwas dabei. Wer reli­gi­ös oder anti-reli­gi­ös sein will, fin­det wahr­schein­lich auch etwas.

Im Prin­zip unwich­ti­ge Unter­schie­de

Was all die­se Glau­bens­ori­en­tie­run­gen genau bedeu­ten, weiß ich nicht. Es ist auch nicht wich­tig, denn um das »Prin­zip Glau­bens­sys­tem« ver­ste­hen zu kön­nen, ist das unnö­tig.

Bei unse­ren Glau­bens­sys­te­men han­delt sich nur um die indi­vi­du­ell unter­schied­lich aus­dif­fe­ren­zier­ten Ver­su­che, die wir in moder­nen Zei­ten machen, um das Phä­no­men der Exis­tenz wei­ter­hin mit dem Pos­tu­lat eines »Schöp­fungs­ak­tes« erklä­ren zu kön­nen oder Alter­na­ti­ven dazu auf­zu­zei­gen.

Daher wer­den auf die­ser Sei­te nur die drei Haupt­grup­pen bespro­chen, ihre Bezie­hung zuein­an­der auf­ge­zeigt und eini­ge wei­ter­füh­ren­de Gedan­ken zum The­ma Glaubenssysteme/Glauben/Religion dar­ge­stellt.


Athe­is­mus und The­is­mus

The­is­mus und Athe­is­mus sind zwei Sei­ten der­sel­ben Mün­ze. Den Agnos­ti­zis­mus kann man als die gan­ze Mün­ze ver­ste­hen.

Es gibt kei­nen Athe­is­mus ohne The­is­mus. Um Athe­ist sein zu kön­nen, muss es den The­is­mus geben – das ist klar. Das Gegen­teil trifft jedoch auch zu: Wäre es nicht mög­lich, nicht an Gott zu glau­ben, wäre es auch nicht mög­lich, an ihn zu glau­ben. Der Glau­be an Gott wäre dann etwas ande­res als Glau­be.

The­is­mus = poten­zi­el­ler Athe­is­mus, Athe­is­mus = poten­zi­el­ler The­is­mus. Es ist dem Yin-Yang-Prin­zip ähn­lich.

Vor­ur­teil oder Aver­si­on

Wenn wir etwas ableh­nen, müs­sen wir eine Bezie­hung zu dem haben, was wir ableh­nen. Andern­falls wäre unse­re Abnei­gung nur der Aus­druck eines Vor­ur­teils.

Um den Glau­ben an Gott ableh­nen zu kön­nen, müs­sen wir irgend­wie wis­sen (oder zumin­dest glau­ben zu wis­sen), was es bedeu­tet oder bedeu­ten könn­te, an ihn zu glau­ben. Des­halb müs­sen wir, um Athe­ist sein zu kön­nen, in unse­rem Inne­ren den inak­ti­ven oder laten­ten Trieb zum the­is­ti­schen Glau­ben haben.

Man kann es auch so aus­drü­cken: Wer nie­mals Athe­ist sein könn­te, könn­te auch nie­mals The­ist sein und umge­kehrt. Wir sind nur des­halb eins von bei­den, weil wir im Prin­zip auch das Gegen­teil sein könn­ten.

The­is­mus ist der Glau­be an ein über­na­tür­li­ches Wesen, das das Uni­ver­sum und das Leben erschaf­fen hat, Athe­is­mus der Glau­be an einen natür­li­chen Ent­ste­hungs­pro­zess von bei­dem. Für kei­nes die­ser Erklä­rungs­mo­del­le gibt es wirk­li­che Bewei­se, Indi­zi­en oder etwas Gleich­wer­ti­ges, son­dern nur Mut­ma­ßun­gen.

Und die­se Mut­ma­ßun­gen sind aus­nahms­los von unse­rem per­sön­li­chen intel­lek­tu­el­len Gemüt abhän­gig – also eine Geschmacks­sa­che.

Intui­ti­on und Emo­tio­na­li­tät

Das, was wir füh­len, spü­ren oder intui­tiv wis­sen, wovon wir inner­lich über­zeugt sind, ist bedeu­tungs­los bei der Fra­ge nach dem Ursprung allen Seins, denn unse­rer Intui­ti­on kön­nen wir nicht trau­en, wenn wir emo­tio­nal ein­ge­bun­den sind. Und wir sind (zumin­dest auf einer unbe­wuss­ten Ebe­ne) außer­ge­wöhn­lich stark emo­tio­na­li­siert, wenn es um den »Sinn des Lebens«, »Ursprung der Exis­tenz« und ähn­li­che Din­ge geht. Es ist uns des­halb unmög­lich, die­ses The­ma neu­tral und nüch­tern zu behan­deln.

Ob wir an die Exis­tenz oder Nicht-Exis­tenz Got­tes glau­ben, hängt daher von unse­ren per­sön­li­chen, sub­jek­ti­ven Vor­lie­ben ab, die vom intel­lek­tu­el­len Gemüt bestimmt wer­den, das sich im Lau­fe der Jahr­zehn­te auch ändern kann.

Heu­te The­ist, mor­gen Athe­ist, über­mor­gen The­ist …

Es gibt vie­le reli­giö­se Bio­gra­fien, die man grob so umschrei­ben kann:

In der Jugend/Kindheit The­is­mus, meis­tens auf­grund der elter­lich-schu­li­schen Kon­di­tio­nie­rung.

Im frü­hen Erwach­se­nen­al­ter dann der Wech­sel zum Athe­is­mus, bei­spiels­wei­se durch intel­lek­tu­el­le Wei­ter­ent­wick­lung. Die in der Kind­heit erwor­be­nen geis­ti­gen Kon­di­tio­nen wer­den abge­schüt­telt, um selbst­stän­di­ger zu wer­den.

Im spä­ten Erwach­se­nen­al­ter die Rück­kehr zum The­is­mus, auf­grund eines Schick­sals­schla­ges oder all­ge­mei­ner Des­il­lu­sio­nie­rung im Leben. Wir erin­nern uns an das Trost spen­den­de Gefühl, das der Glau­be an Gott, das Jen­seits oder das Schick­sal erzeu­gen kann.

Das geht natür­lich auch in die ande­re Rich­tung: Vom Eltern­haus erfah­ren wir eine athe­is­ti­sche Erzie­hung, ent­de­cken dann spä­ter die Reli­gi­on (da sie tröst­lich sein kann) und keh­ren noch spä­ter aus unter­schied­li­chen Grün­den zum Athe­is­mus zurück. Viel­leicht gibt es auch mal ein agnos­ti­sches Inter­mez­zo.

Unsi­cher­heit und Angst: die wich­tigs­ten Trieb­fe­dern zum Glau­ben

Das zeigt, wie labil unse­re geis­ti­ge und intel­lek­tu­el­le Grund­ein­stel­lung als The­is­ten und Athe­is­ten meis­tens ist. Als Athe­is­ten haben wir eine Aver­si­on gegen das Irra­tio­na­le, das nicht Erklär­ba­re – obwohl die­se Ein­stel­lung selbst gewis­se irra­tio­na­le Züge besitzt.

Als The­is­ten haben wir Angst vor der Selbst­stän­dig­keit und Eigen­ver­ant­wor­tung in ethi­schen und mora­li­schen Fra­gen und suchen des­halb nach einer höhe­ren Auto­ri­tät, die uns die Ver­ant­wor­tung abnimmt.

Gefällt uns eine bestimm­te Musik nicht, hören wir sie uns auch nicht an – das ist alles. Enga­gie­ren wir uns aber dage­gen, bedeu­tet sie uns auch etwas. Und wer weiß, viel­leicht wird sie uns ja eines Tages gefal­len. Oder: Sie gefällt uns bereits, doch wir kön­nen uns das nicht ein­ge­ste­hen (weil wir von ande­ren oder uns selbst kon­di­tio­niert wur­den, sie nicht zu mögen).

Man­che Athe­is­ten haben des­halb nur eine ver­korks­te Bezie­hung zu ihrem laten­ten Glau­ben an Gott. Vie­le The­is­ten glau­ben nur des­halb, weil sie mit der Tra­di­ti­on des reli­giö­sen Glau­bens auf­wuch­sen und als Erwach­se­ne nicht cou­ra­giert sind, sich davon zu tren­nen.

Ste­reo­ty­pie der Argu­men­ta­ti­on

Als Athe­is­ten begrün­den wir unser Enga­ge­ment gegen den The­is­mus unter ande­rem mit den vie­len Ver­bre­chen und Schre­ckens­ta­ten, die seit Jahr­tau­sen­den im Namen Got­tes, der Reli­gi­on und der Kir­che ver­übt wur­den und immer noch ver­übt wer­den. Wir über­se­hen dabei, dass es die­se Gräu­el höchst­wahr­schein­lich auch ohne die Reli­gio­nen und den Glau­ben an Gott geben wür­de.

Denn Men­schen ver­ste­cken sich ger­ne hin­ter Insti­tu­tio­nen, um Taten zu legi­ti­mie­ren, die eigent­lich nicht okay sind. All die Men­schen, die im Lau­fe der Geschich­te im Namen Got­tes und der Kir­che ande­ren Men­schen schlim­me Din­ge ange­tan haben (haupt­säch­lich Mord und Fol­ter), hät­ten das wahr­schein­lich auch in einem ande­ren Namen getan – oder auch ganz ohne. Denn hät­te den Fol­te­rern und Inqui­si­to­ren ihre „Arbeit“ kein Ver­gnü­gen berei­tet, hät­ten sie die­sen „Job“ nie­mals solan­ge durch­hal­ten kön­nen.

Und pädo­phi­le Kle­ri­ker wür­den als Men­schen auch dann Kin­der sexu­ell miss­brau­chen, wenn es die Kir­che und die Reli­gi­on nicht gäbe.

Hass­lie­be

Wenn wir als The­is­ten und Athe­is­ten mit­ein­an­der strei­ten, bezeich­nen und beschul­di­gen wir uns gegen­sei­tig oft als dumm, ver­ant­wor­tungs­los oder igno­rant. Wir mer­ken nicht, dass unse­re Posi­tio­nen aus­tausch­bar sind, denn im ver­ba­len Umgang mit­ein­an­der benut­zen wir oft das glei­che Voka­bu­lar. Das kann kein Zufall sein.

Die Bezie­hung zwi­schen The­is­mus und Athe­is­mus kann daher den Cha­rak­ter einer Hass­lie­be haben. Sie brau­chen ein­an­der, um sich bes­ser pro­fi­lie­ren zu kön­nen.

Unse­re Argu­men­te gegen den The­is­mus kön­nen in vie­len Fäl­len auch als Argu­men­te gegen den Athe­is­mus ein­ge­setzt wer­den (und umge­kehrt), wenn wir ein­fach nur ein paar Wör­ter aus­tau­schen. Doch das dürf­te nicht mög­lich sein, wären Athe­is­mus und The­is­mus nicht mit­ein­an­der ver­wandt.


Der Agnos­ti­ker

Ergän­zend ist noch der Agnos­ti­ker zu erwäh­nen. Er ist der raf­fi­nier­te unter den Gläu­bi­gen. Als Agnos­ti­ker brin­gen wir das Kunst­stück fer­tig, gleich­zei­tig The­ist und Athe­ist zu sein. Auch wir wis­sen, dass es weder für noch gegen das Schöp­fer­gott­kon­zept ech­te Bewei­se und Indi­zi­en gibt.

Auf­grund unse­res intel­lek­tu­el­len Tem­pe­ra­ments bräuch­ten wir sie aber, um uns für eins der bei­den Welt­erklä­rungs­mo­del­le ent­schei­den zu kön­nen. Denn wir möch­ten zwar auch glau­ben, doch nicht an etwas, das es mög­li­cher­wei­se gar nicht gibt. (Dem nor­ma­len Gläu­bi­gen ist das egal, nach dem Mot­to: Ist mir egal, Haupt­sa­che, ich habe einen Glau­ben.) Dar­um tun wir so, als wäre die Got­tes­fra­ge nicht bzw. noch nicht beant­wort­bar.

Agnos­ti­ker schei­nen des­halb Men­schen mit einer Affi­ni­tät zum reli­giö­sen Glau­ben zu sein, ihre intel­lek­tu­el­le Bil­dung als moder­ne Men­schen macht ihnen das jedoch schwie­rig.

Der agnos­ti­sche Trick

Da die­ser »Kno­ten des Nicht-Wis­sen-Kön­nens« nicht auf­ge­löst wer­den kann, neh­men Agnos­ti­ker eine War­te­stel­lung ein. Ihre Zuver­sicht speist sich aus der Logik, dass eins der bei­den Welt­erklä­rungs­mo­del­le schließ­lich rich­tig sein muss:

Wenn das reli­giö­se falsch ist, ist das natur­wis­sen­schaft­li­che rich­tig, ist das natur­wis­sen­schaft­li­che falsch, ist das reli­giö­se rich­tig. Sie kom­men nicht auf den Gedan­ken, dass mög­li­cher­wei­se bei­de Ansät­ze falsch sind.


Die Gren­ze unse­rer Erkennt­nis­mög­lich­kei­ten

Ich ver­ste­he das Dilem­ma, in dem wir an die­ser Stel­le ste­cken. Es hat etwas mit unse­ren von Natur aus beschränk­ten Asso­zia­ti­ons­fä­hig­kei­ten und dem ulti­ma­ti­ven Cha­rak­ter der Aus­gangs­fra­ge zu tun.

Fall 1: Gott exis­tiert defi­ni­tiv

Neh­men wir zunächst an, es gäbe einen Schöp­fer­gott und wir wüss­ten es defi­ni­tiv. Dann wäre unse­re Fra­ge trotz­dem nicht beant­wor­tet. Wir wüss­ten zwar, woher Uni­ver­sum und Leben kom­men, doch unser Pro­blem hät­te sich damit nur ver­scho­ben. Denn woher käme Gott, der Initia­tor von dem gan­zen? Der hät­te schließ­lich eben­falls eine Erklä­rung nötig, da auch er ein Bestand­teil des »Phä­no­mens der Exis­tenz« wäre.

Als schöp­fer­gott­gläu­bi­ge Men­schen sagen wir, nichts kann ohne Ursprung sein. Des­halb muss es einen Schöp­fer geben! Wer­den wir dar­auf hin­ge­wie­sen, dass die­se Logik auch auf den Schöp­fer ange­wandt wer­den kann, ver­wei­gern wir die Ein­sicht in unse­re eige­ne Logik.

Emo­tio­na­le und men­ta­le Abhän­gig­keit

Unser Pro­blem als Gott­gläu­bi­ge ist: Wir sind auf unse­ren Glau­ben fixiert, emo­tio­nal und viel­leicht auch men­tal von ihm abhän­gig. Ohne unse­ren Glau­ben (der uns zu dem gemacht hat, was wir sind) kön­nen wir nicht mehr rich­tig den­ken, denn unser see­li­sches Ord­nungs­sys­tem ist von ihm abhän­gig.

Doch in der heu­ti­gen wis­sen­schafts­ori­en­tier­ten Zeit wer­den schöp­fer­gott­gläu­bi­ge Men­schen mehr und mehr auf- und her­aus­ge­for­dert, ihren Glau­ben zu erklä­ren. Da es uns irgend­wie nicht mög­lich ist, ein­fach zu sagen: „Ich glau­be an einen Schöp­fer­gott, weil ich das tun will“, ver­su­chen wir ihn logisch abzu­lei­ten und zu begrün­den.

Dabei über­se­hen oder igno­rie­ren wir die Inkon­sis­tenz und Inko­hä­renz unse­rer Logik: Man kann eine Regel, auf die die eige­ne Argu­men­ta­ti­on auf­baut, nicht außer Kraft set­zen, sobald Schwie­rig­kei­ten auf­tre­ten.

Kön­nen wir auf eine Erklä­rung für die Exis­tenz Got­tes ver­zich­ten (was The­is­ten tun), dann auch auf eine für die Exis­tenz des Uni­ver­sums. Denn wenn ein all­mäch­ti­ges Lebe­we­sen ohne Anfang und Ende exis­tie­ren kann, ist bewie­sen, dass ursprungs­lo­se Exis­tenz mög­lich ist.

Unge­eig­ne­te Argu­men­te

Manch­mal argu­men­tie­ren wir als schöp­fer­gott­gläu­bi­ge Men­schen auch fol­gen­der­ma­ßen: „Weil ich mir nicht vor­stel­len kann, wie etwas aus dem Nichts her­aus ent­steht, muss ein Schöp­fer­we­sen das Uni­ver­sum geschaf­fen haben.“

Doch die Exis­tenz eines Wesens ohne Anfang und Ende ist eben­falls unvor­stell­bar. Dar­an stö­ren wir uns als gott­gläu­bi­ge Men­schen selt­sa­mer­wei­se nicht. Es scheint uns daher um etwas ande­res zu gehen.

Das Pos­tu­lat eines Schöp­fer­got­tes ist daher unnö­tig und unge­eig­net. Es hilft uns nicht wei­ter. Letzt­end­lich ist es nur der hilf­lo­se Ver­such, das Wun­der der Exis­tenz durch ein wei­te­res Wun­der plau­si­bel zu machen, das wir dann nicht wei­ter hin­ter­fra­gen müs­sen, weil es unse­re Bedürf­nis­se bereits befrie­digt.

Doch ein Kon­zept ist unge­eig­net, ein Phä­no­men zu erklä­ren, wenn es selbst Teil des zu erklä­ren­den Phä­no­mens ist.

(Neben­bei bemerkt: Die Urknall­theo­rie behaup­tet nicht, dass das Uni­ver­sum ursprungs­los ist, son­dern aus dem Nichts ent­stand. Wer weiß, was die­ses Nichts ist. Spre­chen Astro­phy­si­ker vom Nichts, mei­nem sie nicht das, was unser All­tags­ver­stand dar­un­ter ver­steht. Der Aus­druck »Nichts« ist nur der Ver­such einer Ter­mi­no­lo­gie­fin­dung für etwas, das nicht asso­zi­iert, ima­gi­niert und defi­niert wer­den kann.)


Fall 2: Gott exis­tiert defi­ni­tiv nicht

Neh­men wir ande­rer­seits an, wir wüss­ten defi­ni­tiv, es gäbe kei­ne Schöp­fer­in­stanz, kei­nen Initia­tor des Urknalls. Das Dilem­ma wäre das glei­che: Das Mys­te­ri­um der Exis­tenz wäre durch die­ses Wis­sen nicht weni­ger uner­klär­lich.

Wir hät­ten jetzt zwar nicht mehr das Pro­blem, die Bedeu­tung und Her­kunft eines Schöp­fer­we­sens erklä­ren zu müs­sen (das sowie­so nur ein Zwi­schen­glied wäre) – an der Situa­ti­on wür­de das jedoch nichts ändern.

Wir kön­nen nur fest­stel­len, dass die Exis­tenz ein Mys­te­ri­um ist und blei­ben wird. Sämt­li­che Erklä­rungs­mo­del­le tau­gen nichts. Sie wer­fen bloß neue Fra­gen auf und füh­ren in eine unend­li­che Schlei­fe. Ob das Uni­ver­sum aus dem „Nichts“ ent­stan­den ist oder von einem Gott ohne Anfang und Ende erschaf­fen wur­de, ist daher unwe­sent­lich.

Die Fra­ge bleibt unbe­ant­wor­tet

Kei­nes der bei­den Erklä­rungs­mo­del­le ist geeig­net, unse­re Fra­ge zu beant­wor­ten. Ist das Uni­ver­sum das Werk eines Schöp­fer­we­sens, stellt sich anschlie­ßend die Fra­ge, was die­ses Wesen ist und vor­her es kommt. Neu­gie­ri­ge (also nach der Wahr­heit suchen­de Men­schen) stel­len sich die­se Fra­ge mit Sicher­heit.

Ist das Uni­ver­sum hin­ge­gen aus dem soge­nann­ten Nichts ent­stan­den, müs­sen wir uns fra­gen, was die­ses Nichts ist. Bei­de Fra­gen kön­nen wir nicht beant­wor­ten. Also ist es bes­ser, von Anfang an dar­auf zu ver­zich­ten, das Phä­no­men der Exis­tenz ver­ste­hen zu wol­len. Es wird uns nicht gelin­gen, son­dern nur von den wirk­lich wich­ti­gen Fra­gen des Lebens ablen­ken.

Eine davon lau­tet: Wie kön­nen wir es als Mensch­heit schaf­fen, fried­li­cher, freund­li­cher und ver­ant­wor­tungs­vol­ler zu wer­den?


Das onto­lo­gi­sche Aus­schlie­ßungs­prin­zip

Für das oben dar­ge­stell­te Pro­blem bie­tet sich eine ein­fa­che Lösung an: Ver­ges­sen wir die Fra­ge­stel­lung und hören auf, das Rät­sel der Exis­tenz lösen zu wol­len. Akzep­tie­ren wir die Unbe­ant­wort­bar­keit die­ser Fra­ge. Neh­men wir bei die­sem Pro­blem kei­ne emo­tio­na­le Hal­tung mehr ein. Freun­den wir uns mit der Vor­stel­lung an, dass es nie­mals mög­lich sein wird, dar­über etwas wis­sen zu kön­nen. Ent­span­nen wir ein­fach unse­re men­ta­le Grund­ein­stel­lung.

Wir kön­nen das Pro­blem nur spie­le­risch in nega­ti­ver Wei­se ange­hen und soll­ten wis­sen, all unse­re Bemü­hun­gen lie­fern bes­ten­falls Ansät­ze. Wirk­lich lösen kön­nen wie es nie, denn alles, was wir sagen, asso­zi­ie­ren, den­ken, oder uns ein­fällt, kann mit dem Ursprung der Exis­tenz nichts zu tun, son­dern nur mit uns selbst.

Nur das, was übrig bleibt (wir also nicht den­ken und nicht asso­zi­ie­ren kön­nen), könn­te es sein. Das ist natür­lich unbe­frie­di­gend, doch wir müs­sen ler­nen, das zu erken­nen und zu akzep­tie­ren. Erst ab die­sem Punkt wird es uns dann mög­lich sein, ernst­haft die Exis­tenz­fra­ge anzu­ge­hen.

Kei­ne Bewei­se und Indi­zi­en, son­dern nur Ängs­te und Hoff­nun­gen

All unse­re Asso­zia­tio­nen, Bewei­se und Glau­bens­in­hal­te sagen nichts über die Rich­tig­keit unse­rer Exis­tenz­er­klä­rungs­mo­del­le aus. Sie spie­geln nur unse­re kol­lek­ti­ven Ängs­te und indi­vi­du­el­len Hoff­nun­gen wider, die uns beherr­schen, denn sie sind tief in uns ver­an­kert, wovon wir nichts wis­sen.

Die­se »Kol­lek­ti­ven Ängs­te und indi­vi­du­el­len Hoff­nun­gen« sind die ein­zi­gen „Refe­ren­zen“, auf die sich unse­re Zuver­sicht letzt­end­lich stützt, wenn wir den­ken, unse­ren Got­tes­glau­ben plau­si­bel (auch mit moder­ner Ter­mi­no­lo­gie) begrün­den zu kön­nen. All das ist nur der Aus­fluss unse­res selbst-unkri­ti­schen, eit­len Ver­stan­des, der die Beschränkt­heit sei­ner Vor­stel­lungs­kraft nicht aner­ken­nen will.

Doch war­um soll­ten wir mit die­sem gehan­di­cap­ten Instru­ment der Wahr­neh­mung die größ­te aller Fra­gen beant­wor­ten kön­nen? Das geht gar nicht. Wir soll­ten das ein­se­hen und akzep­tie­ren.

Anmer­kung:
Wenn wir die Welt im Gan­zen und unser eige­nes Leben betrach­ten, müs­sen wir betrübt fest­stel­len, unfä­hig zu sein, unse­re sozia­len Pro­ble­me und kul­tu­rel­len Dif­fe­ren­zen zufrie­den­stel­lend in den Griff zu bekom­men – als Ein­zel­men­schen, Gesell­schaf­ten, Natio­nen und Mensch­heit.

Gleich­zei­tig glau­ben wir, die Fra­gen nach dem Sinn und Ursprung des Lebens beant­wor­ten zu kön­nen. Wäre es nicht viel bes­ser, zuerst die lös­ba­ren Pro­ble­me anzu­ge­hen?

Das Phä­no­men der Exis­tenz

Das, was ich „onto­lo­gi­sches Aus­schlie­ßungs­prin­zip“ nen­ne, ist der soge­nann­ten nega­ti­ven Theo­lo­gie bei flüch­ti­ger Betrach­tung ähn­lich. Aller­dings geht die­se von der Exis­tenz Got­tes aus. Sie sagt nur, dass wah­re Aus­sa­gen über ihn unmög­lich sind. „Gott ist die Ursa­che allen Seins“ ist (so weit ich weiß) die ein­zi­ge Aus­sa­ge, die die nega­ti­ve Theo­lo­gie über Gott aner­kennt.

In ihrer prak­ti­zier­ten Aus­füh­rung ist sie jedoch wider­sprüch­lich und ober­fläch­lich. Nega­ti­ve Theo­lo­gen machen stän­dig irgend­wel­che indi­rek­ten Aus­sa­gen über Gott. Allein indem sie die Bibel zitie­ren und an ihren Inhalt glau­ben, geben sie Gott eine Gestalt, Eigen­schaf­ten und Inten­tio­nen. Denn es macht kei­nen Unter­schied, ob die in die­sem Buch über Gott gemach­ten Aus­sa­gen von ihnen selbst oder von jemand ande­res stam­men.

Das onto­lo­gi­sche Aus­schlie­ßungs­prin­zip behan­delt hin­ge­gen das Phä­no­men der Exis­tenz (die eine Schöp­fer­in­stanz, falls es sie gibt, mit ein­schließt). Die Exis­tenz ist tat­säch­lich als Phä­no­men erkenn­bar. Im Gegen­satz zu Gott ist sie kei­ne Spe­ku­la­ti­on, an die wir glau­ben kön­nen oder nicht.

Es macht also kei­nen Sinn zu sagen: „Ich glau­be, dass es die Exis­tenz gibt.“ Was auch immer sie ist oder bedeu­tet: Es gibt sie – das ist defi­ni­tiv wahr. Von Gott kön­nen wir das aller­dings nicht sagen – nur glau­ben.


10 Gedanken zu „Glau­bens­sys­te­me“

  1. Das Schick­sal mischt die Kar­ten, und wir spie­len.“ Arthur Scho­pen­hau­er

    Ich spie­le mit Kunst und Phi­lo­so­phie.

    Schö­ne Grüs­se aus der Frei­den­ker Gale­rie
    Rai­ner Osten­dorf

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    • Doch was ist Schick­sal?
      Zufall? Vor­se­hung? Kau­sa­li­tät?
      Gibt es das alles über­haupt und wenn ja, was ist es?
      Oder sind es nur Kon­zep­te, mit denen wir uns die Will­kür­lich­kei­ten des Lebens erklä­ren wol­len?

      Und was ist Spiel, was ist Frei­heit und was Den­ken?

      Fra­gen über Fra­gen, die nie­mand beant­wor­ten kann … nur ein wei­te­res Spiel.

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      • Wir spre­chen immer dann vom Schick­sal, wenn wir selbst uns wei­gern die Ver­ant­wor­tung zu über­neh­men.

      • du sprichst mir aus der see­le…
        schick­sal hin , schick­sal her…
        das leben ist nicht immer fair.
        glaubst du an das kau­sa­li­täts­prin­zip?
        gruss
        san­dra

      • San­dra, das Kau­sa­li­täts­prin­zip (Die Ursa­che ver­ur­sacht eine Wir­kung), ist mei­ner Mei­nung nach genau so unab­ding­bar wie das Pola­ri­tät Gesetzt. In dem Moment wo man den einen Pol eli­mi­niert ver­liert der ande­re sei­ne Exis­tenz. Nichts ent­steht ohne eine Ursa­che. Nichts exis­tiert ohne einen Gegen­pol.

  2. Hier steht lei­der viel Unsinn. Die Logik ist lei­der falsch. Gott muß nicht des­halb erschaf­fen wor­den, weil das Uni­ver­sum erschaf­fen wur­de. Umge­kehrt kann auch nicht von der Ewig­keit Got­tes auf die Ewig­keit des Uni­ver­sums geschlos­sen wer­de. Lei­der hast Du eini­ges falsch ver­stan­den. Logik ist nur vor­han­den, wenn eine Aus­sa­ge wahr ist und nicht wider­legt wer­den kann. Die Logik für die Exis­tenz Got­tes ist dem­nach wahr, weil nichts aus dem Nichts ent­ste­hen kann, wie vie­le Astro­phy­si­ker heu­te wis­sen und auch argu­men­tie­ren. Aber damit mei­nen Sie natür­lich nicht gar nichts, son­dern dies ist exakt der Beweis für die Exis­tenz Got­tes. Da nichts aus dem Nichts ent­ste­hen kann, kann nur Gott das Uni­ver­sum erschaf­fen haben. Soweit so gut. Der Unter­schied zwi­schen Gott und dem Uni­ver­sum ist, daß Gott ewig ist, aber das Uni­ver­sum end­lich. Hier ist dein zwei­ter Denk­feh­ler. Es ist heu­te bewie­sen, daß das Uni­ver­sum einen Anfang hat. Daher ist es nicht ewig, son­dern end­lich. Wenn es end­lich ist, kann es nicht aus dem Nichts ent­stan­den sein. Wenn es aber doch aus dem Nichts ent­stan­den ist, dann kann nur Gott es enstan­den haben las­sen. Die­se Logik ist unum­stöß­lich, wird aber lei­der von Vie­len nicht ver­stan­den. Gott hin­ge­gen kann nicht erschaf­fen wor­den sein, da er ewig ist. Etwas Ewi­ges kann nicht erschaf­fen wor­den sein. Das ist ja gera­de die alte Logik, die die Athe­is­ten ver­wen­det haben, um die Ent­ste­hung des lebens auf der Erde ohne Gott zu erklä­ren. Lei­der ist aber bereits seit eini­gen Jahr­zehn­ten die End­lich­keit des Uni­ver­sums bewie­sen, so daß Athe­is­ten schon lan­ge nicht mehr auf dem Neu­es­ten Stand sind. Sie ver­su­chen wei­ter krampf­haft etwas zu wider­le­gen mit einer Logik, die falsch ist.

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    • Gott muß nicht des­halb erschaf­fen wor­den [sein], weil das Uni­ver­sum erschaf­fen wur­de.

      Das behaup­te ich auch nir­gend­wo. Nir­gend­wo schrei­be ich, dass alles, was exis­tiert, auch erschaf­fen wor­den sein muss.

      Umge­kehrt kann auch nicht von der Ewig­keit Got­tes auf die Ewig­keit des Uni­ver­sums geschlos­sen wer­de.

      Auch das behaup­te ich nicht.

      Logik ist nur vor­han­den, wenn eine Aus­sa­ge wahr ist und nicht wider­legt wer­den kann. Die Logik für die Exis­tenz Got­tes ist dem­nach wahr, weil nichts aus dem Nichts ent­ste­hen kann, wie vie­le Astro­phy­si­ker heu­te wis­sen und auch argu­men­tie­ren.

      Du ver­knüpfst da zwei Din­ge mit­ein­an­der, die über­haupt nichts mit­ein­an­der zu tun haben. »Logik« und das »Phä­no­men der Exis­tenz« soll­ten man nie­mals mit­ein­an­der ver­knüp­fen. Wenn wir glau­ben, dem Phä­no­men der Exis­tenz mit unse­rer pri­mi­ti­ven Logik bei­zu­kom­men, dre­hen wir uns ledig­lich in einem Kreis, den wir zuvor selbst gezeich­net haben.
      Außer­dem unter­stellst du mir schon wie­der Aus­sa­gen, die ich nie gemacht habe.

      Wo ist der logi­sche Schluss, wenn du schreibst: »Die Logik für die Exis­tenz Got­tes ist dem­nach wahr …«? Es ist logisch, dass etwas wahr ist, wenn es defi­ni­tiv exis­tent ist. Bei­spiels­wei­se, wenn ich vor dir ste­he und du mich sehen kannst, ist es defi­ni­tiv wahr, dass es mich gibt. Gott hin­ge­gen ist nur der tra­di­tio­nel­le Ver­such, mit der wir uns die Exis­tenz und das Leben erklä­ren wol­len.

      Die Ant­wort auf die Fra­ge „War­um kann es etwas ohne Ursprung geben, etwas ande­res jedoch nicht?“, beant­wor­test du lei­der nicht. Denn das behaup­test du doch wohl impli­zit, oder nicht?

      Logisch ist: Wenn Gott ohne Ursprung exis­tie­ren kann, ist bewie­sen, dass ursprungs­lo­se Exis­tenz mög­lich ist. Die Behaup­tung, »nicht kann ohne Ursprung exis­tie­ren«, wäre dem­nach falsch.

      Wel­che Astro­phy­si­ker argu­men­tier­ten mit dem Satz »Nichts kann aus dem Nichts ent­ste­hen«? Mag ja sein, dass es ein paar weni­ge gibt, die das tun, die gro­ße Mehr­zahl aller Phy­si­ker spricht jedoch immer noch von der Ent­ste­hung des Uni­ver­sums aus dem Nichts (der mathe­ma­ti­schen Aus­dif­fe­ren­zie­rung der Null). Da Phy­si­ker jedoch nie erklä­ren, was die­ses Nichts eigent­lich ist oder sein könn­te, kann unter­stellt wer­den, dass der Aus­druck »Nichts« nur der Ver­such einer Begriffs­fin­dung für etwas ist, das nicht asso­zi­iert wer­den kann.

      Der Unter­schied zwi­schen Gott und dem Uni­ver­sum ist, daß Gott ewig ist, aber das Uni­ver­sum end­lich. Hier ist dein zwei­ter Denk­feh­ler. Es ist heu­te bewie­sen, daß das Uni­ver­sum einen Anfang hat. Daher ist es nicht ewig, son­dern end­lich.

      Bewie­sen ist gar nichts. Es sind alles nur Theo­rien! Woher willst du wis­sen, dass die Urknall­theo­rie rich­tig ist? Wir glau­ben nur, dass sie rich­tig ist. Woher willst du wis­sen, dass das Uni­ver­sum end­lich ist? Auch das ist nur eine Theo­rie. Es gibt auch die Theo­rie vom unend­li­chen Uni­ver­sum: »Es kommt zum Urknall, das Uni­ver­sum ent­steht, expan­diert, bläht sich auf und fällt irgend­wann (in 1000 Mil­li­ar­den Jah­ren oder noch viel spä­ter) wie­der in sich zusam­men, ver­dich­tet sich erneut zu einer Quan­ten­sin­gu­la­ri­tät, aus der dann der nächs­te Urknall resul­tiert usw.« Das kann bis in alle Ewig­kei­ten so wei­ter­ge­hen … aber wie gesagt: alles nur Theo­rien.

      Wenn es end­lich ist, kann es nicht aus dem Nichts ent­stan­den sein.

      War­um soll­te etwas End­li­ches nicht aus dem Nichts ent­ste­hen kön­nen? (Vor­aus­ge­setzt, Ent­ste­hung aus dem „Nichts“ ist über­haupt mög­lich.) Im Umkehr­schluss wür­de das bedeu­ten: Nur Unend­li­ches kann aus dem Nichts ent­ste­hen. Das wie­der­um wür­de bedeu­ten: Da Gott unend­lich ist, ist er aus dem Nichts ent­stan­den. Das wür­de ihn jedoch als end­lich defi­nier­ten, da er ja einen Anfang hat­te.

      Wenn es aber doch aus dem Nichts ent­stan­den ist, dann kann nur Gott es ent­stan­den haben las­sen. Die­se Logik ist unum­stöß­lich, wird aber lei­der von Vie­len nicht ver­stan­den.

      War­um? War­um ist die­se Logik unum­stöß­lich? Wenn die­se Logik so wich­tig und ein zen­tra­les Ele­ment in dei­ner Argu­men­ta­ti­on ist, wäre es nur fol­ge­rich­tig, dass du sie an die­ser Stel­le aus­führ­lich erklärst, sie also plau­si­bel macht. Es reicht ein­fach nicht aus, zu sagen: »Die­se Logik ist unum­stöß­lich«, nur weil du es so emp­fin­dest.

      Wenn es aber doch aus dem Nichts ent­stan­den ist, dann kann nur Gott es ent­stan­den haben las­sen.

      Das ergibt kei­nen Sinn. Denn wenn Gott das Uni­ver­sum erschaf­fen hat, ist es doch nicht aus dem Nichts ent­stan­den, son­dern »aus ihm gekom­men«. Außer: Gott wäre das Nichts. Aber auch das ergä­be kei­nen Sinn.

      Gott hin­ge­gen kann nicht erschaf­fen wor­den sein, da er ewig ist. Etwas Ewi­ges kann nicht erschaf­fen wor­den sein.

      Nie­mand behaup­tet, dass Gott erschaf­fen wur­de. Wie kommst du immer wie­der dar­auf, das zu behaup­ten?

      Unab­hän­gig davon und ganz prag­ma­tisch gefragt: Woher willst du wis­sen, dass Gott ewig ist? Hast du das erfah­ren? Das wäre nur mög­lich, wenn du eben­falls ewig exis­tierst, und des­we­gen bestä­ti­gen könn­test, dass Gott es auch tut.

      Das ist ja gera­de die alte Logik, die die Athe­is­ten ver­wen­det haben, um die Ent­ste­hung des lebens auf der Erde ohne Gott zu erklä­ren.

      Echt? Habe ich noch nie gehört, dass Athe­is­ten so argu­men­tie­ren. Letzt­end­lich machen Athe­is­ten nichts ande­res als The­is­ten: Weil bei­de sich nicht damit abfin­den kön­nen, dass die Exis­tenz ein uner­klär­li­ches Phä­no­men ist, benut­zen sie Welt­erklä­rungs­mo­del­len, mit denen sie ihren Ver­stand beru­hi­gen. Das Welt­erklä­rungs­mo­dell der The­is­ten ist Gott, das der Athe­ist die Wis­sen­schaft. Der Unter­schied ist letzt­end­lich sowie­so unwich­tig: Bei­de tun so, als wären ihr Model­le Tat­sa­chen. In Wirk­lich­keit han­delt es sich aber nur um Spe­ku­la­tio­nen, an die man glau­ben kann oder nicht, denn nichts von dem, was Athe­is­ten und The­is­ten den­ken und sagen, kann bewie­sen wer­den.

      Lei­der ist aber bereits seit eini­gen Jahr­zehn­ten die End­lich­keit des Uni­ver­sums bewie­sen, so daß Athe­is­ten schon lan­ge nicht mehr auf dem Neu­es­ten Stand sind. Sie ver­su­chen wei­ter krampf­haft etwas zu wider­le­gen mit einer Logik, die falsch ist.

      Tja, wie gesagt … das stimmt so nicht. Bewie­sen ist gar nicht. Es gibt ver­schie­de­ne Model­le und Theo­rien: das end­li­che Uni­ver­sum, das unend­li­che Uni­ver­sum, das aus dem Nichts ent­stan­de­ne Uni­ver­sum, das erschaf­fe­ne Uni­ver­sum oder das ewi­ge Mul­ti­ver­sum (evtl. noch mehr?). Kei­ne Ahnung, ob eins davon wahr ist. Kei­nes die­ser Welt­erklä­rungs­mo­del­le beant­wor­tet unse­re Fra­gen nach dem »Wie«, »War­um« und »Wo«. Und das sind doch wohl die Fra­gen, auf die es eigent­lich ankommt, oder nicht?

      Nicht nur die sog. Logik der Athe­is­ten ist falsch, son­dern auch die der The­is­ten. Wir lie­ben es halt, unse­re Behaup­tun­gen mit dem Prä­di­kat „logisch“ aus­zu­schmü­cken – damit machen wir unse­re Mei­nun­gen für uns aus unse­rer sub­jek­ti­ven Sicht unan­greif­bar. Dei­ne Logik macht da kei­ne Aus­nah­me. Du behaup­test ein­fach: Es ist logisch …, ohne auch nur ansatz­wei­se zu erklä­ren, war­um es das sein soll.

      Der Aus­druck »falsch« ist in die­sem Zusam­men­hang übri­gens nicht ganz ange­mes­sen. Inko­hä­rent oder unstim­mig wäre bes­ser. Viel­leicht könn­te man auch sagen: schlam­pig, nicht kon­se­quent zu Ende gedacht). The­is­ten und Athe­is­ten ver­su­chen mit unge­eig­ne­ten Mit­teln (unse­rem beschränk­ten Ver­stand) das Phä­no­men der Exis­tenz zu erfas­sen. Das wird nie­mals klap­pen.

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    • Peter, wel­chen Gott meinst Du? Es gibt tau­sen­de Göt­ter, und die an ihren glau­ben, sind von sei­ner Exis­tenz voll über­zeugt. Die Fra­ge ist doch eher wozu brau­chen die Gläu­bi­gen einen Schöp­fer und wofür wird er benutzt und miss­braucht.
      Ich wür­de nicht immer gleich ein ande­re Mei­nung als Unsinn abtun, es ist nur eine Mei­nung. Es ist der Gegen­pol von Sinn.
      Es ist bes­ser zu sagen: Mit einer gro­ßen an Sicher­heit gren­zen­der Wahr­schein­lich­keit könn­te es so oder auch so sein. Natür­lich kann ich mich auch irren.
      Ich bin nicht Dei­ner Mei­nung, aber ich wür­de alles dafür tun, dass Du sie frei äußern kannst.

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  3. Unser „Begrei­fen“ ist begrenzt, end­lich, nicht unend­lich.
    Das unse­res Schöp­fers nicht.
    Das ist gut so.
    Etwas zu begrei­fen bedeu­tet noch nicht damit umge­hen zu kön­nen.
    Wür­den wir also alles begrei­fen, könn­te das zum Irr­sinn und anschlie­ßen­dem Exitus füh­ren.
    Wenn man also unend­li­ches Wis­sen hat, muß man auch unend­li­che Macht besit­zen.
    Die Unend­lich­keit Got­tes ver­gli­chen mit unse­rer End­lich­keit hat eine ande­re Logik und ist nicht rein mathe­ma­tisch zu begrei­fen.
    Wenn ich sage, daß aus nichts nichts enste­hen kann, gleich­zei­tig aber Gott als ewi­ges Wesen ohne Anfang und Ende beschrei­be, so ist dies nur des­halb unlo­gisch, weil mein Begrei­fen begrenzt ist.

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    • Du sagst, unser Begrei­fen ist begrenzt, behaup­test aber gleich­zei­tig (unaus­ge­spro­chen, zwi­schen den Zei­len, impli­zit), selbst außer­ge­wöhn­lich gut im Begrei­fen zu sein, sodass es dir mög­lich ist, Din­ge begrei­fen zu kön­nen, die für nor­ma­le Men­schen gar nicht begreif­bar sind.

      Bei­spiel: Dei­nen Aus­füh­run­gen ent­neh­me ich, dass du der Mei­nung bist, begrei­fen zu kön­nen, dass es einen Schöp­fer­gott gibt und du auch eini­ges über ihn weißt. Oder ver­ste­he ich dich da falsch?

      Wenn du also fähig bist, außer­ge­wöhn­lich Din­ge begrei­fen zu kön­nen, war­um besit­zen dei­ner Mei­nung nach ande­re Men­schen die­se Fähig­keit nicht?

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