Anti­se­mi­tis­mus


Ein finsterer Wald in dem schattenhafte Gestalten herumstehen und warten.

Juden, der uni­ver­sel­le Sün­den­bock

War­um ist Juden das ver­bo­ten, was allen ande­ren erlaubt ist?

Um uns nicht mit unse­ren eige­nen Feh­lern und Unzu­läng­lich­kei­ten aus­ein­an­der­set­zen zu müs­sen, lagern wir die Ver­ant­wor­tung gern nach außen aus.

Statt uns ein­zu­ge­ste­hen, dass wir selbst mit einem Ver­säum­nis, einem Feh­ler oder dem Schei­tern an unse­ren Lebens­vor­stel­lun­gen zu tun haben, suchen wir einen »Ersatz­ver­ant­wort­li­chen«.

Mal ist es die »unglück­li­che Lage«, mal sind es ande­re Men­schen, Kon­zer­ne, das »Sys­tem« oder die Regie­rung. Und als uni­ver­sell ein­setz­ba­rer Blitz­ab­lei­ter für Frust, Ohn­macht und Selbst­ver­leug­nung dient seit Jahr­hun­der­ten der Anti­se­mi­tis­mus: Anstatt mit uns selbst ins Gericht zu gehen, beschimp­fen wir ande­re – und fol­gen dabei einem uralten, irra­tio­na­len Reflex.“

Die­ser Hass nährt sich jedoch nie aus kon­kre­ter Erfah­rung oder nach­weis­ba­ren Taten: Juden haben nie­mals Brun­nen ver­gif­tet, sie haben nichts mit dem Bol­sche­wis­mus zu tun, und sie waren nicht ver­ant­wort­lich für Deutsch­lands Nie­der­la­ge im Ers­ten Welt­krieg. Kurz gesagt: Nichts von dem, was Juden seit Jahr­hun­der­ten vor­ge­wor­fen wird, ist wahr.“

Juden – der „Feind der Mensch­heit“?

Fana­ti­sche Anti­se­mi­ten behaup­ten, Juden sei­en der Feind der Deut­schen – ja sogar der gesam­ten Mensch­heit – und müss­ten des­halb bekämpft und letzt­lich ver­nich­tet wer­den. Dar­aus lei­ten sie eine ver­meint­lich »natür­li­che Feind­schaft« zwi­schen Juden und dem Rest der Welt ab.

Mag sein, dass das Ver­hal­ten streng­gläu­bi­ger ortho­do­xer Juden – etwa beim Gebet an der Kla­ge­mau­er – auf Außen­ste­hen­de „albern“ wir­ken kann. Aber was soll’s? Reli­gi­on ist im Grun­de immer ein wenig »albern«. Der jüdi­sche Glau­be macht das nur etwas sicht­ba­rer als ande­re.

Im Lau­fe der letz­ten Jahr­hun­der­te haben sich jüdi­sche Gemein­den wirt­schaft­lich oft in bestimm­ten Nischen eta­bliert – doch das gilt eben­so für vie­le ande­re Völ­ker und Min­der­hei­ten welt­weit.

Der isla­mis­ti­sche Anti­se­mi­tis­mus hin­ge­gen ist in ers­ter Linie eine Reak­ti­on auf die Neu­grün­dung Isra­els – eines jüdi­schen Staa­tes mit­ten im ara­bisch-isla­mi­schen Raum –, die von vie­len mus­li­mi­schen Län­dern nie akzep­tiert wur­de.


Gauk­ler, Geld­ver­lei­her, Juwe­lie­re

Vie­le Juden sind im Show­busi­ness, in der Wirt­schaft oder der Finanz­welt tätig. Das hat his­to­ri­sche Grün­de: Im Mit­tel­al­ter waren ihnen nahe­zu alle bür­ger­li­chen und hand­werk­li­chen Beru­fe ver­bo­ten. Erlaubt waren meist nur Tätig­kei­ten, die von der Kir­che als »unmo­ra­lisch« gebrand­markt wur­den – etwa das Geld­ver­lei­hen, der Han­del oder das Juwe­liers­hand­werk.

Die­se Beru­fe gal­ten als anrü­chig, waren aber zugleich unver­zicht­bar. Man dräng­te Juden sys­te­ma­tisch in die­se Nischen – und beklagt sich heu­te dar­über, dass sie dort beson­ders stark ver­tre­ten sind.

Die Mensch­heit hat sich ihren Uni­ver­sal­sün­den­bock über Jahr­hun­der­te hin­weg selbst her­an­ge­züch­tet und kul­ti­viert.

Die kar­mi­sche Dis­po­si­ti­on des jüdi­schen Vol­kes

Eini­ge Recht­se­so­te­ri­ker – etwa der Alter­na­tiv­me­di­zi­ner Rüdi­ger Dah­l­ke – ver­su­chen die jüdi­sche Dia­spo­ra, die Pogro­me und sogar den Holo­caust mit einer angeb­li­chen »kar­mi­schen Gesamt­schuld« des jüdi­schen Vol­kes zu erklä­ren. Weil die alt­tes­ta­men­ta­ri­schen Juden Erobe­rungs- und Ver­nich­tungs­krie­ge geführt hät­ten, habe sich ein nega­ti­ves Kar­ma auf­ge­baut, das im Holo­caust sei­nen Höhe­punkt gefun­den habe.

Doch was soll man dazu sagen? Wel­ches anti­ke Volk hat denn kei­ne grau­sa­men und unge­rech­ten Krie­ge geführt? Selbst wenn es Aus­nah­men gege­ben haben soll­te – die meis­ten Völ­ker der Stein- und Bron­ze­zeit leb­ten in einem Zustand per­ma­nen­ter Gewalt. Allen war das erlaubt – nur den Juden nicht?

Hin­zu kommt: Die Krie­ge der alt­tes­ta­men­ta­ri­schen Juden erfolg­ten – glaubt man der Bibel – auf gött­li­chen Befehl. Was also wer­fen Anti­se­mi­ten, die oft selbst fun­da­men­ta­lis­tisch gläu­big sind, den Juden kon­kret vor?
Etwa, dass sie Gott gehorcht haben?

Das »kar­mi­sche« Argu­ment erweist sich bei nähe­rem Hin­se­hen als das, was es ist: eine nach­träg­lich kon­stru­ier­te Recht­fer­ti­gung für his­to­ri­schen Hass.

Die Mes­si­as-Psy­cho­se

Dass aus­ge­rech­net den Juden im Lau­fe der letz­ten 2000 Jah­re die Rol­le des uni­ver­sel­len Sün­den­bocks zuge­wie­sen wur­de, hat ver­mut­lich viel mit ihrer Wei­ge­rung zu tun, Jesus als Mes­si­as und Sohn Got­tes anzu­er­ken­nen. Hät­ten sie die­se Hal­tung im ers­ten Jahr­tau­send all­mäh­lich auf­ge­ge­ben, wäre der dau­er­haf­te Anti­se­mi­tis­mus viel­leicht nie ent­stan­den.

Als staa­ten­lo­se Min­der­heit hät­ten sich die Juden mit der Zeit in die euro­päi­schen und ara­bi­schen Kul­tu­ren inte­grie­ren und dabei womög­lich ihre israe­li­ti­sche Iden­ti­tät ver­lie­ren kön­nen – viel­leicht sogar das Juden­tum selbst.

Hät­ten sie Jesus als Begrün­der einer neu­en Reli­gi­on akzep­tiert, wäre ihnen womög­lich eine zen­tra­le Rol­le in der Aus­ge­stal­tung des frü­hen Chris­ten­tums zuge­fal­len – schließ­lich war Jesus selbst Jude. Mit der Chris­tia­ni­sie­rung des Römi­schen Rei­ches hät­ten sie womög­lich sogar ihr altes Ter­ri­to­ri­um zurück­er­hal­ten.

Doch ihre kon­se­quen­te Ableh­nung die­ses Man­nes hat sie bei Chris­ten zutiefst unbe­liebt gemacht – und bei nicht weni­gen bis heu­te zum Hass­ob­jekt wer­den las­sen.

Neid auf Got­tes Lieb­lings­volk

Ein wei­te­rer Nähr­bo­den des Anti­se­mi­tis­mus ist der Neid – spe­zi­ell der Neid auf gött­li­che Bevor­zu­gung.
Denn laut Bibel sind die Juden Got­tes aus­er­wähl­tes Volk, auch wenn sich die­ser Gott spä­ter von ihnen abge­wandt haben soll. Trotz­dem: Kein ande­res Volk erleb­te eine sol­che gött­li­che Zuwen­dung. Allen ande­ren blieb Jeho­va ver­bor­gen – man­che ließ er sogar ver­nich­ten.

Gott hielt die übri­ge Mensch­heit offen­bar nicht ein­mal theo­re­tisch für wür­dig, sei­ne Erwähl­ten zu sein.
Die­se spi­ri­tu­el­le Zurück­wei­sung dürf­te in vie­len Völ­kern ein tie­fes Gefühl von Krän­kung, Neid und viel­leicht sogar Rach­sucht aus­ge­löst haben – ein Gefühl, das sich über Jahr­hun­der­te kon­ser­vier­te.


Die jüdi­schen Welt­ver­schwö­rer

Anti­se­mi­tis­mus ist eine dum­me „Ideo­lo­gie“. Des­halb sind Anti­se­mi­ten aber auch Ras­sis­ten dum­me Men­schen.

Ver­schwö­rungs­ideo­lo­gen, Neo­na­zis und ähn­li­che Grup­pen behaup­ten, Juden wür­den seit Jahr­hun­der­ten heim­lich die Mensch­heit mani­pu­lie­ren und aus­beu­ten. Sie sei­en das raf­fi­nier­tes­te, hin­ter­lis­tigs­te und skru­pel­lo­ses­te Volk der Welt.

Doch wenn das stimmt – wo bleibt dann der Erfolg?

Wenn Juden tat­säch­lich so viel Macht, Ein­fluss und Geld besit­zen, war­um sind sie dann kei­ne Welt­macht? War­um gehört ihnen, 75 Jah­re nach der Grün­dung Isra­els, nicht längst das gesam­te Umland? War­um leben sie wei­ter­hin in Bedro­hung, statt in Sicher­heit?

Eine angeb­lich welt­um­span­nen­de, kri­mi­nel­le Eli­te mit unbe­grenz­ten Res­sour­cen müss­te doch in der Lage sein, ihre Inter­es­sen durch­zu­set­zen. Wozu all der Ein­fluss, das Geld, die »Strip­pen­zie­he­rei«, wenn sich dar­aus kein greif­ba­rer Vor­teil ergibt?

Schlech­tes Manage­ment und Ein­fäl­tig­keit

Juden sol­len die Welt­wirt­schaft kon­trol­lie­ren und die Medi­en beherr­schen – schaf­fen es aber nicht, einen sta­bi­len Staat auf­zu­bau­en. Isra­el lebt seit sei­ner Grün­dung im Zustand des per­ma­nen­ten Aus­nah­me­zu­stands.
Juden welt­weit müs­sen sich wei­ter­hin Beschimp­fun­gen, Bedro­hun­gen und Angrif­fe gefal­len las­sen.

Das wür­de bedeu­ten: Juden sind zwar bös­ar­tig, hin­ter­häl­tig und ver­lo­gen, gleich­zei­tig aber auch extrem unfä­hig und dumm. Sie las­sen es zu, seit Jahr­hun­der­ten gegän­gelt zu wer­den, ertra­gen ein Pogrom nach dem ande­ren und las­sen sich immer wie­der demü­ti­gen. Rich­tig auf die Bei­ne gestellt bekom­men sie auch nichts. Nur im Geld-Schef­feln sind sie angeb­lich erfolg­reich, kön­nen die­sen Reich­tum aber nicht nutz­brin­gend für die Situa­ti­on ihrer Leu­te in Isra­el und dem Rest der Welt ein­set­zen.

Eine künst­li­che Feind­schaft

Beim Anti­se­mi­tis­mus han­delt es sich des­halb um eine künst­li­che Feind­schaft mit einer zweck­ge­bun­de­nen Funk­ti­on. Mir unse­rem Juden­hass ver­su­chen wir nur, uns von unse­ren eige­nen Pro­ble­men abzu­len­ken – das ist sein gan­zer Sinn!

Wenn wir irgend­wann nicht mehr das Bedürf­nis haben, ande­ren Men­schen, Grup­pen oder Völ­kern Machen­schaf­ten, Intri­gen oder Schuld zu unter­stel­len, nur um unse­re eige­ne Unzu­läng­lich­keit zu ver­de­cken, wird auch die­se Feind­schaft über­flüs­sig. Denn alles Künst­li­che zer­fällt, wenn es nicht mehr auf­recht­erhal­ten wird.

Wenn Juden also etwas vor­ge­wor­fen wird, dann nicht etwas, das sie getan haben. Es wird ihnen ein­fach nur vor­ge­wor­fen, Juden zu sein – das ist schon ihr gan­zes Ver­bre­chen. Man hat sie zum Feind­bild erklärt, weil man etwas zum Anfein­den braucht.

Es ist das Glei­che wie beim Ras­sis­mus: Men­schen mit schwar­zer Haut­far­be wer­den nicht des­we­gen gehasst, weil sie irgend­et­was Has­sens­wer­te getan haben. Sie wer­den nur gehasst, weil man­che Men­schen etwas zum Has­sen brau­chen, um sich nicht selbst has­sen zu müs­sen.


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