Die perfekte Ausrede
Karma ist eine Idee, die entwickelt wurde, um das Leid in der Welt zu erklären. Wir benutzen sie aber auch als Rechtfertigung für unsere Gleichgültigkeit und Gewalttätigkeit.
Inhalt
In einigen Kulturen gibt es das Konzept oder die Lehre vom Karma. Diese besagt, dass wir uns für unsere schlechten Taten in unserem nächsten Leben verantworten müssen (durch schicksalhafte Umstände) und für unsere guten belohnt werden.
Besitzt ein Mensch ein leidvolles Leben, hat er im Sinn der Karmalehre in seiner vorangegangenen Inkarnation anderen Menschen Leid und Elend gebracht. Sein Leid ist das Resultat seiner schlechten Taten in einem früheren Leben. Letztendlich ist dieser Mensch für sein Leiden also selbst verantwortlich, auch dann, wenn er in diesem Leben nie einem anderen etwas angetan hat.
Eine rechts-esoterische Form des Karmaglaubens erklärt beispielsweise sogar den Holocaust mit einer karmischen Gesamtschuld des jüdischen Volkes.
Im Auftrag des Karmas
Um es mit einem extremen Beispiel deutlich zu machen: Ein Kind wird von seinen Eltern totgeprügelt. In einer vergangenen Inkarnation hat es als erwachsener Mensch selbst ein Kind totgeschlagen oder etwas ähnlich gemacht. Deshalb erhält er als Ausgleich jetzt seine gerechte Strafe.
Doch was bedeutet das für die Eltern? Schließlich haben die einen Menschen totgeprügelt! Schaffen sie sich gutes Karma, da sie sozusagen »im Auftrag des Karmas« handelten? Oder werden sie trotzdem bestraft? Sieht das Karma in solchen Fällen über die schreckliche Gewalttat hinweg und das karmische Konto der Eltern bleibt unangetastet?
Und welche „Erfüllungsgehilfen“ rekrutiert sich das Karma für seine Vergeltungsarbeit im Allgemeinen? Überlässt es es dem Zufall, wer in seinem Auftrag handelt oder werden bestimmte Kandidaten bevorzugt ausgewählt? Und noch ein sehr interessanter Gedanke: Handeln wir uns schlechtes Karma ein, wenn wir einem Menschen seine schlechten Taten verzeihen?
Verständnis statt Rache
Das Universum ist für uns nachtragend und unversöhnlich, weil wir es sind und bleiben wollen.
Wir unterstellen dem Universum ein Moralverständnis, wie es dem unseren entspricht. Doch das Universum (die Existenz, Gott, das Leben etc.) ist weder nachtragend, rachsüchtig und auch nicht gerechtigkeitsorientiert. Nur wir und einige höhere Tierarten sind das.
Und weil wir unser eigenes Verhalten, Denken und Empfinden für normal und natürlich halten, übertragen wir unser Rache-Neid-Gerechtigkeits-Prinzip auf die Existenz selbst, machen daraus ein universelles Prinzip, dem wir schicksalhaft ausgeliefert sind. (Der unterbewusste Hintergrund dieser Einstellung: Es ist bequemer und einfacher, sich zu unterwerfen und einzufügen, als ein selbstkritisches Bewusstsein zu entwickeln.)
Es ist auch ziemlich gewagt, dem „Geist des Universums“ oder dem Leben Eigenschaften wie Rache und Gerechtigkeit zu unterstellen oder zuzuordnen. Denn eine Bestrafung und Vergeltung, eine »Verrechnung der guten und schlechten Taten« ist schließlich nur ein Konzept, eine Option, auf die ein souveräner und besonders weiser „Wächter“ aus seiner höheren Perspektive auch verzichten kann.
Wir selbst sind meistens nicht souverän und weise. Deshalb empfinden wir wohltuende Genugtuung, wenn andere ihre vermeintlich gerechte Strafe erhalten – besonders wenn wir religiös gläubig sind. Dieses Vergeltungskonzept haben wir entwickelt, um unser potenziell kritisches Gewissen zu beschützen.
Legitimation zur Unterlassung von Hilfeleistung
Ich weiß nicht, ob es Wiedergeburt und Karma gibt. Es ist auch nicht wichtig. Das karmische Konzept ist jedoch hervorragend geeignet, um eine bequeme Erklärung für alle Ungerechtigkeiten in der Welt zu liefern: Karma besagt: Leid und Elend sind letztendlich selbst verschuldet. (Die Menschheit als Spezies ist also nicht für den Zustand verantwortlich, in dem sie sich befindet.)
Deshalb ist es sinnlos, wäre sogar ein Fehler und kontraproduktiv, das Leid und Elend anderer Menschen zu mindern. In einigen Kulturkreisen denken die Menschen tatsächlich so.
Wer ein leidvolles Leben hat, arbeitet sein schlechtes Karma ab, heißt es. Mindern oder verhindern wir als Außenstehende dieses Leid, nehmen wir diesen Menschen die Möglichkeit, ihr Karma zu verbessern und tun ihnen letztendlich keinen Gefallen. Im nächsten Leben ständen sie dann erneut vor der gleichen Aufgabe, die dann noch schwieriger zu bewältigen ist.
Das Gewissen betäuben
Glauben wir das, haben wir die moralische Legitimation zur Unterlassung von Hilfeleistung. Wir brauchen kein schlechtes Gewissen zu haben, wenn wir anderen Menschen, die in Not sind, nicht helfen. Diese Einstellung ist bequem und egoistisch.
Doch Karma ist nur eine Idee, an die man glauben kann oder auch nicht. Wenn wir an sie glauben, dann nur, weil sie uns gefällt - nicht weil wir irgendwelche „Beweise“ dafür haben.
Aufgabenstellung für die Seele
Natürlich gibt es auch das „sanfte Karma-Prinzip“, das man vielleicht als Aufgabenstellung für die inkarnierte Seele bezeichnen kann. Es kommt ohne das Belohnungs- und Bestrafungsprinzip aus und ist wohl die häufigste Form.
Es besagt, dass jeder Mensch bestimmte, für ihn persönlich wichtige Erfahrungen im Leben machen muss und bestimmte Aufgaben hat, um sich als Seele weiterentwickeln zu können, bis diese sich entspannt im Nirwana auflöst (dem „ganzkörperlichen“ Universum) und nicht mehr inkarnieren muss.
Wer sich diesen Aufgaben verweigert (egal ob er ein Gewalttäter ist oder nicht), wird nicht bestraft, sondern steht im nächsten Leben vor der gleichen Herausforderung – egal, wie oft er diesen Prozess wiederholen muss! Das ist alles.
Das stimmt so nicht…
Das stimmt so nicht…
Und warum nicht? Könntest du das bitte erläutern? Könnte natürlich sein, dass das alles Quatsch ist, was ich schreibe. Also: Warum stimmt das nicht, was ich geschriebene habe. Bitte hilf mir!
Vielleicht beobachtet gott ob wir gutes oder schlechtes beabsichtigen. Und laesst auch beides zu, und das mit leid zufuegen wird ueberbewertet. Weil gott die schlechten in die falle gehen laesst und den guten sein herz oeffnet, also wenn ich trotz leid es gut meine mit anderen, ist das vielleicht langfristig staerker. Oder wir sind alle schlecht, und gott haelt uns deswegen so gefangen…das kriterium gut zu werden waere dann einfach sich an gott zu wenden. Der kann auch von karma befreien…
Du schreibst:
… und das mit leid zufuegen wird ueberbewertet …
Das würdest du nicht sagen, wenn DU schlimmes Leid erleben müsstest.
Du schreibst:
… Weil gott die schlechten in die falle gehen laesst .…
In die Falle gehen lässt? Du denkst, Gott stellt Fallen, ist also hinterlistig?
Wer Fallen stellt, ist nicht ehrlich. Das Gute stellt keine Fallen und spielt auch keine Psychospielchen. Nur Menschen tun das.
Du schreibst:
… das kriterium gut zu werden waere dann einfach sich an gott zu wenden …
Okay, aber das Problem ist: Gott selbst ist nicht gut. Man kann es in der Bibel nachlesen. Da wird gemordet, geplündert, vergewaltigt und gefoltert, oft in Gottes Auftrag, manchmal auch von ihm selbst. Gott ist weder gut, noch barmherzig, nicht großzügig oder ehrlich und auch nicht gerecht. Er ist eher egozentrisch, hinterlistig, rachsüchtig und ziemlich gewalttätig, also so, wie unsere archaischen Vorfahren (die in einer grausamen und unbarmherzigen Welt lebten) sich ein allmächtiges Lebewesen vorgestellt hatten, oder besser: sich vorstellen mussten!
Ein Beispiel: Lots Frau wird von Gott getötet, weil sie sich umdreht und noch einmal zurück blickt. Ein Gott, der aus einem so bedeutungslosen Grund tötet, ist weder zurechnungsfähig noch vertrauenswürdig – und barmherzig und großzügig schon gar nicht! Warum hat er nicht gesagt: „Okay, eigentlich hatte ich dir das verboten, aber ich kann verstehen, dass du deine Neugier nicht zügeln konntest. Geht mir manchmal genauso. Also Schwamm drüber!“ DAS wäre barmherzig gewesen!
Einem solchen Gott willst du dich überantworten? Na dann viel Glück! Wenn du unterwürfig genug ist, wird er dich vielleicht verschonen …
Der Mensch lebt von Gott getrennt, denn das Böse kann nicht in der Nähe Gottes sein.
Wir leben im Einzugsbereich des Herrschers dieser Welt, dem Teufel. Der Sündenfall hat alle Menschen vor Gott böse werden lassen. Nicht, weil alle Menschen böses tun, sondern weil sie nun wissen, was böse ist.
Adam und Eva haben dasselbe getan wie wir heute. Sie haben auch Böses getan, aber sie waren sich dessen nicht bewußt.
Gott hat ihnen diese Fähigkeit nicht gegeben.
Bei Gott galt also nicht:
„Unwissenheit schützt vor Strafe nicht.“
Erst als beide vom Baum der Erkenntnis aßen, erkannten sie ihre Taten und waren nun strafmündig.
Mit der Unwissenheit über das Böse wollte Gott die Menschen schützen.