Schizophrenie der Menschlichkeit
Das, was die Natur macht, ist natürlich. Das, was Maschinen machen, ist mechanisch. Das, was Tiere machen, ist tierisch. Und das, was wir machen, ist menschlich.
Inhalt
Menschen erschaffen Kunstwerke, machen großartige Entdeckungen, erfinden fantastische Maschinen und überschreiten aus Neugier ihre Grenzen. Sie können auch aus ihren Fehlern lernen und ihr Leben bewusst ändern.
Sie philosophieren gern und entwickeln sich ständig weiter. Und sie können altruistisch lieben. Kein anderes Lebewesen in der Welt kann das. Im Bündel sind diese Fähigkeiten und Eigenschaften ein Alleinstellungsmerkmal für die Spezies Mensch. Deswegen können wir sie als menschlich bezeichnen.
Menschen machen allerdings auch Kriege und vergewaltigen, betrügen, stehlen, missbrauchen und foltern einander Menschen zu ihrem Vergnügen. Zwar beobachten wir das auch im Tierreich (besonders bei höher entwickelten Tieren mit einem ausgeprägten Sozialleben). Einige Affenarten kennen auch Krieg, Betrug und Gewalt. Doch eins wurde im Tierreich bisher nicht beobachtet: Dass ein Tier ein anderes Tier quält und sich an den Qualen des Tieres weidet.
Nur Menschen foltern
Beim Foltern geht es darum, einem Menschen absichtlich extrem starke körperliche Schmerzen zuzufügen. Diese Folterschmerzen sind kein Nebenprodukt von irgendetwas, sondern der Sinn und Zweck der Folter selbst. Entweder will der Folterer den Gefolterten dazu bringen, etwas Bestimmtes zu gestehen, oder er berauscht sich einfach an dessen Qualen, weil er ein Sadist ist.
Im Tierreich gibt es so etwas nicht. Wenn beispielsweise ein Raubtier ein anderes Tier oder auch einen Menschen bei lebendigem Leibe zerfleischt und so schreckliche Schmerzen zufügt, tut es das nicht, weil es will, dass seine Beute leidet.
Wenn eine Katze mit einer lebendigen Maus spielt, macht sie das nicht, um sich an den Schmerzen der Maus zu ergötzen. Die Katze spielt einfach nur ein bisschen mit ihrer Mahlzeit, bevor sie diese verspeist.
Menschlichkeit ist daher kein Ausdruck für Mitgefühl, Hilfsbereitschaft und Freundschaft, sondern die Art und Weise, wie Menschen sind, also handeln und denken.
Die Idealisierung der Menschlichkeit
Immer wieder lesen und hören wir (im Zusammenhang mit von Menschen verübten Gräueltaten) von der Unmenschlichkeit. Als unmenschlich bezeichnen wir ein Verhalten, das besonders gewalttätig, kaltherzig, grausam, ausbeuterisch, hinterhältig oder betrügerisch ist. Dabei impliziert der Ausdruck »unmenschlich«, dass solche Taten für uns eigentlich untypisch, dem menschlichen Grundcharakter entgegengesetzt, eben nicht-menschlich sind.
Eigentlich neigen wir zum gegenteiligen Verhalten und haben eher einen freundlichen, friedlichen, liebevollen, fürsorglichen, großzügigen und ehrlichen Charakter – so die Legende. Diese idealisierten Eigenschaften nennen wir Menschlichkeit. Unmenschlichkeit ist nach dieser Definition eher eine krankhafte Abweichung von der Normalität.
»Unmenschlichkeit« ist typisch menschlich
Doch ist das wirklich so, ist Unmenschlichkeit wirklich nur eine Abweichung von der Normalität? Wäre es nicht realistischer und fairer, unsere destruktiven Qualitäten ebenfalls in den Kanon unserer Menschlichkeiten einzugliedern? Denn außer uns fügt kein anderes Lebewesen anderen Lebewesen Schmerzen und Leid zu, um sich daran zu erfreuen.
Aber auch dann, wenn wir den Ausdruck Menschlichkeit rein im humanitären Sinn verstehen (ihm also nur die positiven Attribute wie Hilfsbereitschaft, Freundlichkeit, Verständnis, Friedlichkeit, Großzügigkeit usw. zuschreiben), müssen wir heutzutage zugeben, dass diese Eigenschaften kein wirkliches Alleinstellungsmerkmal für den Homo sapiens ist: Einige höher entwickelte Tiere können ebenfalls hilfsbereit und friedlich gegenüber fremden Artgenossen sein.
Unmenschlicher werden
Deshalb kann gesagt werden (natürlich mit etwas Ironie): Unsere Freundlichkeit ist oft nur eine Strategie, mit der wir uns Vorteile verschaffen, denn nur darum geht es uns: Bringt Unfreundlichkeit uns Vorteile, sind wir eben unfreundlich. Uneigennützige Freundlichkeit lassen wir meistens nur dann zu, wenn wir sie uns locker leisten können, also noch genügend Spielraum haben.
Tieren geht es nur um das persönliche Überleben und Fortpflanzung. Wir interessieren uns zusätzlich für Macht, Unterhaltung, Überfluss, Kunst und Vergnügen. Und manchen Menschen bereitet es sehr viel Vergnügen, andere Menschen leiden zu lassen und dabei zuzusehen. Das ist die menschlichste all unserer Charaktereigenschaften.
Wenn wir uns also weiterentwickeln wollen, sollten wir dringend „unmenschlicher“ werden.
Jedes physikalische Modell ist eine Idealisierung, da Wechselwirkungen mit der Umwelt teilweise ausgeschlossen werden oder nur über Effektivwerte einfließen.
Ja, okay. Ich weiß aber nicht, was das mit dem zu tun hat, was ich auf dieser Seite schreibe. Ich bespreche kein Modell und mit Physik hat es auch nichts zu tun.
Alles ist miteinander verbunde, auch die Naturgesetze und das menschliche Handeln. Manchmal hilft es den Aphorismus zu hinterfragen und kreative, neue Ansätze zu generieren. So wie Sie es im Artikel beschrieben haben, die destruktive Seite darf die kreative Seite nicht unterdrücken.