Absur­di­tät des The­is­mus


Albern­hei­ten

Oft heißt es, die Mei­nungs­frei­heit endet dort, wo die reli­giö­sen Gefüh­le der Gläu­bi­gen ver­letzt wer­den. Der reli­giö­se Glau­be ist eine Tabu­zo­ne für Sati­re und Spott. Für den athe­is­ti­schen Glau­ben gilt das nicht.

Hat jemand bei­spiels­wei­se Gefal­len dar­an, mit einem Schuh auf dem Kopf durch die Stra­ßen zu spa­zie­ren, lachen wir wahr­schein­lich über ihn. Nie­mand wird sagen: „Hey, es ist nicht okay, über die­sen Mann zu lachen. Er hat das Recht auf sei­ne Nei­gung. Wir müs­sen sie respek­tie­ren.“

Statt­des­sen sagen wir: „Wenn die­ser Men­schen sich so albern ver­hält, darf er sich nicht wun­dern, wenn über ihn gelacht wird, denn das ist ganz nor­mal. Wenn er das nicht möch­te, soll­te er sich in der Öffent­lich­keit mit dem Schuh auf dem Kopf nicht zei­gen.“

Die respek­tier­te Infan­ti­li­tät

Ein Mann steht an einem Waldrand und trägt ein Schuh auf seinem Kopf.

Anders ver­hält es mit dem bibli­schen Glau­ben. Die­ser ist aus heu­ti­ger Sicht min­des­tens genau­so albern wie das Tra­gen eines Schuhs auf dem Kopf. Trotz­dem wird man bit­ter­bö­se ange­grif­fen, wenn man über die­se Albern­heit lacht und ihren infan­ti­len Cha­rak­ter auf­zu­zei­gen ver­sucht. The­is­ten besit­zen daher so etwas wie eine staat­lich garan­tier­te Nar­ren­frei­heit, auch in säku­la­ren Län­dern.

Wir soll­ten nicht ver­ges­sen, was wir als The­is­ten tun: Wir rich­ten unser Leben zum Teil im Den­ken und Han­deln nach uralten Schrif­ten aus: Wir ori­en­tie­ren uns im 21. Jahr­hun­dert an dem, was ande­re Men­schen vor 1000, 2000 oder 3000 Jah­ren ein­mal gedacht haben haben.

Wenn also über die Per­son mit dem Schuh auf dem Kopf gelacht wer­den darf, dann soll­te das auch über das abstru­se Ver­hal­ten der The­is­ten erlaubt sein. Denn wer sich im 21. Jahr­hun­dert an den unrei­fen Asso­zia­tio­nen unse­rer archai­schen Vor­fah­ren ori­en­tiert, hat es nicht ver­dient, ernst genom­men zu wer­den.

Unse­re hei­li­gen Schrif­ten spie­geln zu gro­ßen Tei­len nur das beschränk­te Den­ken und Asso­zi­ie­ren unse­rer anti­ken und mit­tel­al­ter­li­chen Vor­fah­ren wider. Außer­dem sind die­se Text­samm­lun­gen aus heu­ti­ger Sicht voll­ge­packt mit men­schen- und lebens­feind­li­chen Inhal­ten. Sie sind abso­lut unge­eig­net um uns heu­te ein Vor­bild im Den­ken und Füh­len zu sein. Wer also meint, sein Leben dar­an aus­rich­ten zu müs­sen, muss sich gefal­len las­sen, nicht ernst genom­men zu wer­den.

Vor­ge­täusch­te Sou­ve­rä­ni­tät

War­um sind wir als gott­gläu­bi­ge Men­schen so emp­find­lich und dünn­häu­tig? Wer sich als sou­ve­rän und wahr­haf­tig emp­fin­det, sol­le sich Groß­zü­gig­keit und Tole­ranz den Unwis­sen­den gegen­über leis­ten kön­nen. Doch unse­re Mimo­sen­haf­tig­keit als Gott­gläu­bi­ge gegen­über jeder Form der Kri­tik ent­larvt uns als tief ver­un­si­chert: Auf irgend­ei­ner ver­bor­ge­nen Ebe­ne schei­nen wir zu spü­ren, dass unser Glau­be nicht mehr als eine längst obso­le­te Tra­di­ti­on ist.

Fal­sche Asso­zia­tio­nen unse­rer Reli­gi­ons­grün­der

Ein Gruppe von "steinernen Steinzeitmenschen" haben ehrfurchtsvolle Angst vor den Blitzen eines Gewitters.

Natür­lich hat ein jeder Mensch das Recht, sein Leben im Sinn einer archai­schen Leh­re zu leben. Doch als ver­nunft­be­gab­te Wesen, die in einer moder­nen und auf­ge­klär­ten Welt leben und auf­ge­wach­sen sind, soll­ten wir fähig sein, erken­nen zu kön­nen, dass das, was dem beschränk­ten Ver­stand unse­rer ver­ängs­tig­ten Vor­fah­ren aus der Stein­zeit ent­sprun­gen ist, nie­mals unse­re heu­ti­gen exis­tenz­phi­lo­so­phi­schen Fra­gen beant­wor­ten kann.

Weil unse­re Vor­fah­ren nichts von der Beschaf­fen­heit der Welt und den wei­ter­füh­ren­den Umstän­den des Lebens und der Exis­tenz wuss­ten, redu­zier­ten sie das Phä­no­men der Exis­tenz auf das Wir­ken eines omni­po­ten­ten und über­na­tür­li­chen Super­we­sens. Mit dem heu­ti­gen Wis­sen wür­den sie das nicht mehr tun.

Die­ses Wesen stat­te­ten sie mit typisch mensch­li­chen Cha­rak­ter­ei­gen­schaf­ten aus, vie­le davon nega­tiv, wie Gewalt­lie­be, Rach­sucht, Unbarm­her­zig­keit, Will­kür etc. Es ist in der Bibel nach­zu­le­sen. Man hät­te sich damals einen fried­li­chen, ver­ständ­lich und huma­nen Gott auch gar nicht vor­stel­len kön­nen und ihn nie­mals akzep­tiert.

Wenn wir heu­te also noch dar­an fest­hal­ten, dür­fen wir uns nicht wun­dern, nicht ernst genom­men zu wer­den.

Leug­nung und Ein­sichts­ver­wei­ge­rung

Als The­is­ten sagen wir wahr­schein­lich, die Behaup­tung, wir wür­den unser Leben nach den Vor­stel­lun­gen unse­rer archai­schen Vor­fah­ren aus­rich­ten, ist falsch. Doch wenn wir das, was in der Bibel steht, tat­säch­lich ernst neh­men, tun wir es.

Unse­re Klei­dun­gen, Woh­nun­gen, Beru­fe und sozia­len Gewohn­hei­ten mögen anders sein als die unse­rer Vor­fah­ren, doch das sind nur Äußer­lich­kei­ten, um die es nicht geht.

Die Essenz aller hei­li­gen Schrif­ten – wenn man sie wört­lich (also ernst) nimmt – lässt sich viel­leicht auf fol­gen­de, pro­vo­kan­te For­mel ver­kür­zen: „Ein all­mäch­ti­ges, ego­zen­tri­sches Lebe­we­sen, das Unge­hor­sam mit dem Tod bestraft, hat das Uni­ver­sum erschaf­fen.“

Die­se pri­mi­ti­ve Vor­stel­lung von einem stra­fen­den, beloh­nen­den, has­sen­den, lie­ben­den Gott war für unse­re archai­schen Vor­fah­ren eine natür­li­che Asso­zia­ti­on – doch für moder­ne Men­schen gleicht sie eher einem geis­ti­gen Armuts­zeug­nis.

Nur ein früh­zeit­li­cher Welt­erklä­rungs­ver­such

Bei unse­ren hei­li­gen Schrif­ten han­delt es sich um nichts ande­res als die früh­zeit­li­chen Welt­erklä­rungs­ver­su­che unse­rer bron­ze­zeit­li­chen Vor­fah­ren. Das muss immer und immer wie­der betont wer­den. Sie fixie­ren schrift­lich, wie die Men­schen damals ihren »Trieb, das Phä­no­men der Exis­tenz erklä­ren und ver­ste­hen zu wol­len«, befrie­digt haben.

Egal, wie hoch auch immer ihr lite­ra­ri­scher und his­to­ri­scher Wert ist, sind und blei­ben sie nichts ande­res als die Legen­den, Geschich­ten und Phan­tas­men unse­rer Urah­nen. Wer heut­zu­ta­ge mehr dar­in sieht, muss sich gefal­len las­sen, wenn zu ihm gesagt wird: Du hast nicht mehr alle Tas­sen im Schrank!


6 Gedanken zu „Absur­di­tät des The­is­mus“

  1. Lie­ber Micha­el, bei dem letz­ten Satz muß­te ich herz­haft lachen (Dan­ke für die­sen Moment). Da sind wir näm­lich bei der Fra­ge ange­langt: Was ist Respekt und was ist Tole­ranz und wo enden die­se bei­den?

    Man könn­te bei Dei­nem Ver­gleich „Mensch mit Schuh auf dem Kopf“ mit „Mensch mit Den­ken und Han­deln nach uralten Schrif­ten im Kopf“ tat­säch­lich fest­stel­len: wenn über den einen gelacht wer­den darf, so ist es nur recht und bil­lig, dass man über den ande­ren auch lachen darf.

    Ich sage mal so: ich kann die­ses Ver­hal­ten voll und ganz nach­voll­zie­hen. Und ich kann über­haupt in kei­ner Wei­se nach­voll­zie­hen, wenn das eine sank­tio­niert wird und das ande­re nicht. Dann doch bit­te schön gleich bei­des. Dann müß­te das „Gebot“ so hei­ßen: Du sollst Dich nicht lus­tig machen über Dei­ne Mit­men­schen. Punkt.

    Jeder, der sich über ande­re lus­tig macht, dis­qua­li­fi­ziert sich aber im Hin­blick auf Respekt und Tole­ranz ohne­hin von sel­ber. Doch solan­ge von Men­schen, ob sie nun den einen „Quatsch“ machen oder an den ande­ren Quatsch glau­ben, kei­ne Gefahr aus­geht, ist es mir herz­lich schnup­pe, was sie tun.

    Die Fra­ge, die sich dann als Nächs­tes stellt: Geht denn wirk­lich kei­ne Gefahr von die­sen Leu­ten aus?
    Zumin­dest für den Men­schen mit dem Schuh auf dem Kopf läßt sich das sofort mit „Nein“ beant­wor­ten.
    Bei den „Men­schen mit über­kom­me­nen Glau­bens­grund­sät­zen im Kopf“ muß man fest­stel­len: es gibt lei­der mehr als genug, die gefähr­lich sind für „Leib und See­le“ ande­rer (eine Auf­zäh­lung erspa­re ich mir hier). Und gegen­über die­sen endet für mich jeder Respekt und jede Tole­ranz, ganz egal auf wen oder was sie sich beru­fen.

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    • Hal­lo Uwe

      Ich wür­de es so ergän­zen: Natür­lich haben bei­de, Kopf-Schuh­trä­ger (bzw. all­ge­mein Men­schen, die sich extrem albern und kin­disch ver­hal­ten) und Men­schen, die sich im Leben an uralten, längst ungül­ti­gen Schrif­ten ori­en­tie­ren (als skur­ri­les Bei­spiel nen­ne ich mal die Fla­cherd­ler, die in den letz­ten Jah­ren immer mehr wer­den) gene­rell das Recht zu ihrer Nei­gung. Schließ­lich tun sie nie­man­dem damit weh. Und solan­ge sie für ihre Nei­gung nicht in den Krieg zie­hen oder ande­re Men­schen dazu zwin­gen, es ihnen gleich­zu­tun, kann man ihnen auch nichts vor­wer­fen und ihnen nur Glück im Leben wün­schen.

      Lei­der sind nicht weni­ge die­ser Mensch selbst sehr into­le­rant allem gegen­über, was nicht so ist wie sie selbst – auch wenn sie das abstrei­ten.

      Und das ist das Pro­blem: Xavier Naidoo darf natür­lich glau­ben, was immer es will (bei­spiels­wei­se, dass die Erde eine Schei­be ist, außer­ir­di­sche Ech­sen­we­sen die Welt regie­ren, homo­se­xu­el­le Män­ner per­vers und krank sind, Juden hin­ter­häl­ti­ge Welt­ver­schwö­rer sind, Coro­na natür­lich eine Lüge ist, Demo­kra­ten pädo­phi­le Sata­nis­ten sind und Ähn­li­ches mehr).

      Doch Xavier Naidoo ist ein pro­mi­nen­ter Mensch. Er hat wahr­schein­lich zumin­dest teil­wei­se Ein­fluss auf das Den­ken sei­ner Fans, obwohl er sei­ne Bot­schaf­ten in sei­nen Lie­dern zwi­schen den Zei­len ver­steck und auch etwas ver­klau­su­liert for­mu­liert. „Ein­ge­weih­te“ wis­sen aber schon, wovon er singt.

      Die Fra­ge ist, inwie­weit sei­ne nor­ma­len Fans (die nur sei­ne Musik mögen) sich von sei­nen faschis­to­iden und viel­leicht auch krank­haf­ten Wahn­vor­stel­lun­gen beein­dru­cken las­sen. Krie­gen die das nicht mit oder igno­rie­ren sie die­ses Geschwa­fel ein­fach?

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  2. Kei­ne Fra­ge!
    Into­le­ranz – Zwang – Dog­ma – Dem­ago­gie etc.
    sind alles beson­ders nega­ti­ve Eigen­schaf­ten im Hin­blick auf ein frei­es fried­li­ches Zusam­men­le­ben und daher fal­len sie für mich unter „Gefähr­lich­keit“, für die es kei­ne Tole­ranz geben darf.

    Wer ist Xavier Naidoo? Eine lächer­li­che arm­se­li­ge Figur mit einem beson­ders auf­ge­bläh­ten Hang zur Selbst­dar­stel­lung. Igno­ranz wäre eine geeig­ne­te Sta­te­gie bei sol­chen Men­schen. Wer sol­chen Typen eine „Büh­ne“ gibt, macht sich mit­ver­ant­wort­lich.

    Und je mehr den Men­schen ihre Mit­ver­ant­wor­tung bewußt wird und ent­spre­chend han­deln, umso weni­ger wer­den sol­che beschränk­ten Typen und ihre kru­den Vor­stel­lun­gen Anhän­ger fin­den (hof­fe ich).

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    • Ich will das The­ma Xavier Naidoo nicht zu sehr stra­pa­zie­ren (hat auf der The­is­mus-Sei­te eigent­lich auch nicht viel zu suchen), doch die­ser Sän­ger ist eine pro­mi­nen­te Per­sön­lich­keit. Egal wie arm­se­lig er und das, was er sagt, auch immer ist, bleibt er doch ein Pro­mi­nen­ter mit Ein­fluss. Und da er men­schen­ver­ach­ten­de Paro­len und kras­sen Schwach­sinn ver­brei­tet, stellt sich die Fra­ge, inwie­weit das auf sei­ne Fans abfärbt.

      Ich habe mal ein biss­chen gegoo­gelt, um raus­zu­krie­gen, was die Leu­te, die auf sei­ne Kon­zer­te gehen, von sei­nen Lie­der­tex­ten hal­ten. Die­se schei­nen sich jedoch kaum dafür zu inter­es­sie­ren. Eini­ge sagen ach­sel­zu­ckend, es wäre halt sei­ne per­sön­li­che Mei­nung und die müs­se man tole­rie­ren, obwohl sie selbst so etwas nicht den­ken wür­den. Nur weni­ge sagen oder geben zu, selbst so etwas auch zu glau­ben.

      Ich bin mir nicht sicher, was die­se Gleich­gül­tig­keits­hal­tung der meis­ten sei­ner Fans letzt­end­lich bedeu­tet. Immer­hin unter­stüt­zen die­se mit ihrem Ein­tritts­geld indi­rekt auch sei­ne kran­ken Gedan­ken.

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      • Hät­ten die Medi­en das gan­ze nicht so aufgeblasen,hätte kein Hahn danach gekräht.Als hät­ten sei­ne Äuße­run­gen einen fun­da­men­ta­len Ein­fluß auf unse­re Demo­kra­tie und das gesche­hen in der Welt gehabt.

      • Die Medi­en haben gar nichts auf­ge­bläht. Sie haben nur das zitiert, was Xavier Naidoo singt und sagt. Und das spricht für sich selbst und muss nicht auf­ge­bla­sen wer­den, um als extre­mer Schwach­sinn auf­zu­fal­len.

        Das meis­te davon ist lebens- und men­schen­feind­li­ches Zeug, der Rest ist Unsinn. Aber er hat auf einen Teil sei­ner Fans Ein­fluss. Das darf nicht igno­riert wer­den. Doch nie­mand meint, er hät­te einen fun­da­men­ta­len Ein­fluss auf Deutsch­land oder sogar der gan­zen Welt. Weder ich tue das, noch irgend­je­mand ande­res. Er ist nur ein pro­mi­nen­tes Bei­spiel, das ich ange­führt habe. Nur ein Bei­spiel.

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